Die globalen Finanzmärkte stehen vor einem komplexen Inflationsszenario, das Zentralbanken weltweit zu unterschiedlichen Strategien zwingt. Während die Federal Reserve vorsichtig über mögliche Zinssenkungen nachdenkt, halten andere Notenbanken angesichts steigender Preisrisiken ihre restriktive Haltung bei.
Fed signalisiert Lockerung trotz Tarif-Unsicherheit
Die jüngsten Protokolle der Federal Reserve deuten auf eine mögliche Entspannung der Geldpolitik hin. Die meisten Notenbanker sehen Zinssenkungen noch in diesem Jahr als angemessen an, obwohl die Unsicherheit über die Auswirkungen der Trump’schen Handelspolitik anhält. Nur wenige Mitglieder befürworten bereits jetzt eine Lockerung.
Besonders bemerkenswert: Die Fed scheint die Inflationseffekte der angekündigten Zölle als "temporär oder moderat" einzuschätzen. Diese Einschätzung steht im Kontrast zu den Befürchtungen vieler Ökonomen, die vor dauerhaften Preissteigerungen warnen.
Serbien hält Kurs gegen Inflationsrisiken
Ganz anders die Ausgangslage in Serbien: Die Nationalbank überraschte mit ihrer Entscheidung, den Leitzins unverändert zu lassen. Grund sind mehrere Inflationstreiber, die sich zeitgleich aufbauen. Rohstoffpreise erreichen auf den Weltmärkten neue Höchststände, während die heimische Landwirtschaft vor einer unterdurchschnittlichen Saison steht.
Die Erste Bank revidierte daraufhin ihre Prognose und erwartet nun nur noch eine Zinssenkung in diesem Jahr – frühestens im vierten Quartal. Zusätzliche Risiken sieht die Bank in möglichen Lohnsteigerungen ohne entsprechende Produktivitätszuwächse sowie in geplanten öffentlichen Investitionsprogrammen der Regierung.
Datenrevisionen enthüllen versteckte Inflationsrisiken
Parallel zeigen Korrekturen offizieller Statistiken das wahre Ausmaß vergangener Preisentwicklungen. Großbritannien musste seine Erzeugerpreisdaten deutlich nach oben revidieren – um durchschnittlich 1,0 bis 1,1 Prozentpunkte für das Jahr 2023. Statt der ursprünglich gemeldeten Deflation stiegen die Fabrikpreise tatsächlich um etwa 1 Prozent.
Die Revisionen betreffen auch aktuelle Daten: Die Erzeugerpreisinflation für Januar 2025 wurde von 0,3 auf 0,6 Prozent angehoben. Das Office for National Statistics plant, die korrigierten Daten erst im Oktober wieder regulär zu veröffentlichen.
Handelspolitik verstärkt Unsicherheit
Unterdessen verschärft sich die handelspolitische Lage weiter. Präsident Trump kündigte 50-prozentige Zölle auf brasilianische Importe an – eine Maßnahme, die Analysten als politisch motiviert bewerten. Brasilien gehört zu den wenigen Ländern mit einem Handelsdefizit gegenüber den USA, was die handelspolitische Begründung fragwürdig macht.
Die brasilianische Währung reagierte prompt: Der Real fiel um bis zu 2,8 Prozent und erreichte den niedrigsten Stand seit Juni. Experten warnen, dass die Unberechenbarkeit der US-Handelspolitik auch andere Währungen unter Druck setzen könnte.
Industrie kämpft mit schwacher Nachfrage
Während die Inflationssorgen zunehmen, schwächelt die Industrieproduktion in wichtigen Volkswirtschaften. Italien meldete einen Rückgang der Industrieproduktion um 0,7 Prozent im Mai – deutlich schwächer als erwartet. Nach einem kurzen Erholungszeichen im April zeigt sich der Fertigungssektor wieder rückläufig.
Die Kombination aus schwacher Industrieproduktion und gleichzeitig steigenden Preisrisiken stellt die Zentralbanken vor ein klassisches Dilemma: Konjunkturstützung oder Inflationsbekämpfung.
Ausblick: Divergierende Notenbank-Strategien
Die aktuellen Entwicklungen deuten auf eine Phase divergierender Geldpolitik hin. Während sich die Fed Spielraum für Zinssenkungen erhofft, bleiben andere Zentralbanken wie die serbische Nationalbank wegen lokaler Inflationsrisiken vorsichtig.
Die Unsicherheit über die weitere Handelspolitik und ihre Auswirkungen auf die globalen Lieferketten dürfte die Notenbanken noch monatelang beschäftigen. Besonders kritisch wird die Entwicklung in den kommenden Wochen, wenn die ersten Zölle in Kraft treten und ihre realen Auswirkungen auf die Preise messbar werden.