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Wall Street kämpft mit schwachen Signalen

Gemischte US-Börsen: Dow Jones und S&P 500 verlieren, Nasdaq gewinnt leicht. Schwache Wirtschaftsdaten und Druck auf Energiewerte belasten die Stimmung.

Die wichtigsten Punkte im Überblick

  • Dow Jones verliert über 300 Punkte
  • Energiesektor stürzt auf Ölpreisverfall ab
  • Arbeitslosenquote erreicht Vier-Jahres-Hoch
  • Tesla-Aktie erreicht Rekord vor Rückschlag

Die US-Börsen zeigen sich am Dienstag von ihrer wankelmütigen Seite. Während der Nasdaq Composite sich im Handelsverlauf noch ins Plus retten konnte, mussten S&P 500 und Dow Jones Industrial Average Verluste hinnehmen. Der Dow fiel um 302 Punkte oder 0,62 Prozent auf 48.114 Punkte, der S&P 500 verlor 0,24 Prozent auf 6.800 Punkte. Der Nasdaq hingegen kletterte um 0,23 Prozent auf 23.111 Punkte.

Doch was steckt hinter dieser gemischten Performance? Die Antwort liegt in einer Kombination aus enttäuschenden Wirtschaftsdaten und sektorspezifischen Belastungen.

Arbeitsmarkt sendet widersprüchliche Signale

Die jüngsten Beschäftigungszahlen aus dem November präsentieren ein zwiespältiges Bild der US-Wirtschaft. Zwar wurden 64.000 neue Stellen geschaffen – mehr als erwartet nach dem Oktober-Rückgang aufgrund von Regierungssparmaßnahmen. Doch gleichzeitig kletterte die Arbeitslosenquote auf 4,6 Prozent, den höchsten Stand seit vier Jahren. „Das sind relativ alte Nachrichten zu diesem Zeitpunkt“, kommentiert Mark Hackett, Chef-Marktstratege bei Nationwide. „Die meisten Datenpunkte werden durch die Brille dessen betrachtet, was sie für die Fed bedeuten – und die heutigen Daten dürften die Nadel kaum bewegen.“

Die schwachen Einzelhandelsdaten vom Oktober, die aufgrund eines jüngsten Regierungsstillstands verspätet veröffentlicht wurden, verstärkten die Unsicherheit. Die Umsätze stagnierten und verfehlten damit knapp die Erwartungen von plus 0,1 Prozent. Analysten vermuten allerdings Verzerrungen durch die verzögerte Datenerhebung.

Trotzdem reagierten die Märkte: Investoren preisen nun Zinssenkungen von mindestens 58 Basispunkten für 2026 ein – mehr als das Doppelte der 25 Basispunkte, die die Federal Reserve vergangene Woche signalisiert hatte.

Energiewerte unter massivem Druck

Der stärkste Gegenwind kam am Dienstag aus dem Energiesektor. Mit einem Minus von fast drei Prozent führten Energieaktien die Verliererliste an, während Rohölpreise auf den niedrigsten Stand seit 2021 abstürzten. „Die Ölbewegung heute sticht heraus“, so Hackett. „Alles andere wirkt wie Lethargie unter Anlegern und nur eine bescheidene technische Bewegung an die Seitenlinie.“

Die Entwicklung am Ölmarkt reflektiert nicht nur kurzfristige Handelsdynamiken, sondern auch strukturelle Veränderungen im globalen Handel. Der geschäftigste US-Seehafen in Los Angeles verzeichnete im November einen Importrückgang von 11,5 Prozent im Jahresvergleich. Gene Seroka, Geschäftsführer des Hafens, macht die Tarifflucht der Importeure verantwortlich: Unternehmen hätten frühzeitig Lagerbestände aufgebaut, um Präsident Trumps Zöllen auf Spielzeug, Autoteile und Metallmöbel zu entgehen.

Besonders besorgniserregend: Die Exporte brachen zum elften Mal in Folge ein, diesmal um 8,4 Prozent. „Die Unsicherheit ist gekommen, um zu bleiben, zumindest für das nächste Jahr“, warnt Seroka. „Das ist ein Gegenwind, dem wir womöglich noch eine Zeit lang ausgesetzt sind.“

Gesundheitssektor belastet Stimmung

Healthcare-Aktien zogen den Markt mit einem Minus von 1,28 Prozent ebenfalls nach unten. Pfizer brach um 3,4 Prozent ein, nachdem der Pharmakonzern vor einem herausfordernden Jahr 2026 warnte. Schwächere Verkäufe von COVID-19-Produkten und schrumpfende Margen dürften dem Unternehmen zusetzen. Humana verlor sechs Prozent nach der Ankündigung unspezifizierter Führungswechsel beim Krankenversicherer.

Technologie-Sektor bleibt zweigeteilt

Während der breite Technologiesektor weiter unter Bewertungssorgen leidet, gab es punktuelle Lichtblicke. Tesla erreichte ein Rekordhoch, nachdem CEO Elon Musk bestätigte, dass das Unternehmen seine Robotaxis ohne menschlichen Sicherheitsbeobachter testet. Die Euphorie währte jedoch nur kurz: Im nachbörslichen Handel fiel die Aktie um ein Prozent, als bekannt wurde, dass Kalifornien den Verkauf für 30 Tage ausgesetzt hat – angeblich wegen irreführender Angaben zur Autopilot-Software.

Oracle legte zwei Prozent zu und erholte sich damit leicht von einer fast einwöchigen Verlustserie, die auf enttäuschende Prognosen zu Gewinnen und Kosten des Cloud-Anbieters folgte.

Fed-Politik im Fokus

Die Debatte um die Geldpolitik gewinnt an Schärfe. Neue Forschungsergebnisse der Dallas Fed stellen die Effektivität des Federal Funds Rate als geldpolitisches Transmissionsinstrument infrage. Sam Schulhofer-Wohl, Seniorberater der Dallas Fed, argumentiert, dass die Tri-Party General Collateral Rate (TGCR) mittlerweile besser funktioniere. Die Fähigkeit des Federal Funds Rate, breitere Kreditkosten zu beeinflussen, habe sich „in den letzten Monaten verschlechtert“, ohne jedoch vollständig zusammenzubrechen.

Die Diskussion bleibt vorerst akademisch – eine baldige Änderung des Zielzinssatzes gilt als unwahrscheinlich. Dennoch zeigt sie, wie stark sich das geldpolitische Umfeld seit den großangelegten Anleihekäufen verändert hat.

Ausblick bleibt trüb

Mit 1.366 zu 1 überwogen fallende Aktien die steigenden an der NYSE deutlich. Der S&P 500 verzeichnete 14 neue 52-Wochen-Hochs und fünf neue Tiefs, während der Nasdaq 86 neue Hochs und 196 neue Tiefs markierte. Das Handelsvolumen lag bei 16,70 Milliarden Aktien – leicht unter dem 20-Tage-Durchschnitt.

Die kommenden Tage dürften richtungsweisend werden: Am Donnerstag stehen die Verbraucherpreisdaten für November an. Zusammen mit den Arbeitsmarktdaten bilden sie die beiden wichtigsten Faktoren für die Fed-Zinsentscheidungen. Anleger erwarten mehrheitlich, dass die Notenbank im Januar die Füße stillhält.

Felix Baarz

Felix Baarz ist Wirtschaftsjournalist mit mehr als 15 Jahren Erfahrung in der Berichterstattung über internationale Finanzmärkte. Als gebürtiger Kölner begann er seine Laufbahn bei einer deutschen Fachpublikation, bevor er für sechs Jahre nach New York zog.

In New York berichtete er direkt aus dem Zentrum der globalen Finanzwelt über Entwicklungen an der Wall Street und wirtschaftspolitische Entscheidungen von internationaler Tragweite. Diese Zeit prägte seine analytische Herangehensweise an komplexe Wirtschaftsthemen.

Heute arbeitet Baarz als freier Journalist für führende deutschsprachige Wirtschafts- und Finanzmedien. Seine Schwerpunkte liegen auf der fundierten Analyse globaler Finanzmärkte und der verständlichen Aufbereitung wirtschaftspolitischer Zusammenhänge. Neben seiner schriftlichen Arbeit moderiert er Fachdiskussionen und nimmt an Expertenrunden teil.

Sein journalistischer Ansatz kombiniert tiefgreifende Recherche mit präziser Analyse, um Lesern Orientierung in einer sich wandelnden Wirtschaftswelt zu bieten.