Volkswagen zieht in einer Woche gleich zwei große Linien: In Deutschland wird erstmals ein Werk geschlossen, in den USA stoppt der Konzern den Verkauf eines Prestige-Elektromodells. Beides trifft ausgerechnet in einer Phase, in der der US-Elektromarkt noch leicht wächst. Wie tief sitzen die hausgemachten Probleme im Elektro-Geschäft?
US-Markt: ID. Buzz muss pausieren
Der markenprägende ID. Buzz sollte als „Elektro-Bulli“ das Image von VW in Nordamerika modernisieren. Stattdessen wird das Modelljahr 2026 in den USA gar nicht erst eingeführt. Händler wurden am Freitagabend darüber informiert, dass der Verkauf für dieses Modelljahr ausgesetzt wird.
Hintergrund ist ein deutlich verfehltes Absatzziel: In den ersten drei Quartalen 2025 wurden in den USA weniger als 5.000 Fahrzeuge des ID. Buzz verkauft. Die Entscheidung wird offiziell als strategischer Schritt begründet, um:
- zunächst die Bestände der 2025er-Modelle abzubauen
- eine mögliche Rückkehr des ID. Buzz zum Modelljahr 2027 vorzubereiten
- das Produktkonzept und die Preispositionierung zu überprüfen
Brisant ist der Vergleich mit dem Gesamtmarkt. Laut Daten von Cox Automotive lagen die Elektroauto-Verkäufe in den USA per November 2025 im Jahresverlauf etwa 2,1 % über dem Vorjahresniveau. Während der Markt also noch leicht wächst, schwächelt VW mit einem der wichtigsten Elektromodelle – ein starkes Indiz für Probleme bei Preis (Startpreis über 60.000 US-Dollar) und Attraktivität des Produkts, nicht nur für zyklischen Gegenwind.
Historischer Schritt in Dresden
Noch schwerer wiegt symbolisch der Einschnitt in Deutschland. Am Dienstag wurde die Fahrzeugproduktion in der Gläsernen Manufaktur in Dresden offiziell eingestellt. Damit schließt erstmals in der 88-jährigen Geschichte von Volkswagen ein deutsches Fahrzeugwerk.
In Dresden wurde zuletzt der ID.3 montiert. Nun soll der Standort in einen „Innovationscampus“ umgewandelt werden. Rund 230 Beschäftigte erhalten Angebote für Abfindungen oder Versetzungen. Die Maßnahme ist Teil eines breiten Spar- und Effizienzprogramms, mit dem VW seine Kapazitäten an eine schwächere Auslastung anpassen will.
Der Schritt zeigt, wie ernst das Management die strukturellen Probleme im Elektrogeschäft nimmt: Ein Werk mit hoher Sichtbarkeit und Imagefunktion wird nicht geschont, sondern in seiner bisherigen Form aufgegeben.
Dividende, Bewertung und Marktbild
Am Freitag ging die Aktie bei 103,65 Euro aus dem Handel, ein leichter Rückgang von 0,29 % zum Vortag. Auf Wochensicht bedeutet das ein Minus von knapp 4 %, während der Titel im laufenden Jahr noch deutlich im Plus liegt. Der Kurs notiert rund 5,7 % unter dem 52‑Wochen-Hoch und gut 8,5 % über der 200‑Tage-Linie – die Korrektur setzt also auf erhöhtem Niveau an.
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Für die Bewertung spielt die Dividende eine zentrale Rolle. Im Mai 2025 schüttete Volkswagen für das Geschäftsjahr 2024 eine Dividende von 6,36 Euro je Vorzugsaktie aus – deutlich weniger als die 9,06 Euro des Vorjahres. Auf Basis des aktuellen Kurses ergibt sich daraus eine historische Dividendenrendite von rund 6 %.
Gleichzeitig ist das Bild an der Börse ambivalent:
- Seit Jahresanfang liegt die Aktie knapp 19 % im Plus
- Auf 12‑Monats-Sicht beträgt das Plus gut 18 %
- Der RSI von 27,8 signalisiert kurzfristig einen überverkauften Zustand
- Die 50- und 200‑Tage-Durchschnitte werden komfortabel nach oben gehalten
Analystenseitig steht im Raum, dass die Dividende für 2025 noch einmal sinken könnte, falls Restrukturierungskosten und schwächerer US-Cashflow stärker durchschlagen. Konkrete Zahlen dazu stehen allerdings noch aus.
Regulierung: Entlastung aus Brüssel
Einen Gegenpol zu den operativen Belastungen bildet die Regulierung in Europa. Auf EU-Ebene zeichnet sich ab, dass die ambitionierten CO₂-Flottenziele für 2025 und 2030 flexibler umgesetzt werden. Geplant sind unter anderem:
- erweiterte Pooling-Möglichkeiten mit emissionsärmeren Herstellern
- eine stärkere Anrechnung von Plug-in-Hybriden und E-Fuels
Für Volkswagen reduziert das kurzfristig das Risiko hoher Strafzahlungen und verschafft mehr Zeit, die Modellpalette anzupassen. Am strukturellen Absatzproblem der ID.-Familie ändert das allerdings wenig: Die Herausforderung bleibt, Elektrofahrzeuge in ausreichenden Stückzahlen profitabel zu verkaufen.
Technische Marken und Ausblick
Mit einem Abstand von rund 24 % zum 52‑Wochen-Tief und einem klaren Puffer zur 200‑Tage-Linie ist der längerfristige Aufwärtstrend noch intakt. Kurzfristig rückt jedoch die Marke von 100 Euro in den Fokus. Ein Rutsch darunter könnte zusätzlichen Verkaufsdruck auslösen, zumal die Hoffnungen auf eine schnelle US-Erholung beim ID. Buzz vorerst enttäuscht wurden.
Operativ steht der nächste wichtige Termin bereits fest: Im Januar soll die detaillierte Guidance für 2026 kommen. Dann wird sich konkretisieren, wie stark die US-Korrektur und die deutschen Kapazitätsanpassungen in Zahlen durchschlagen.
Unterm Strich bleibt die Aktie ein klassischer Restrukturierungsfall: Die Schwächen gehen deutlich über allgemeinen „Markt-Gegenwind“ hinaus, wie der wachsende US-Elektromarkt bei gleichzeitigem Rückzug des ID. Buzz zeigt. Die Kombination aus niedriger Bewertung und hoher historischer Rendite spiegelt bereits viel Skepsis wider – die Einschnitte dieser Woche unterstreichen jedoch, dass Volkswagen vor einem tiefgreifenden Umbau steht, der 2026 klarer sichtbar werden dürfte.
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