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US-Zölle: Eskaliert der Handelskrieg?

Die Verdopplung der US-Zölle auf Stahl und Aluminium belastet die Weltwirtschaft, besonders die exportabhängige Asien-Pazifik-Region. Märkte reagieren nervös.

Die wichtigsten Punkte im Überblick

  • US-Zölle auf Stahl und Aluminium verdoppelt
  • Asien-Pazifik-Region unter Konjunkturdruck
  • Australiens BIP-Wachstum schwächer als erwartet
  • Japanische Dienstleistungsbranche verzeichnet Abschwächung

Die globalen Finanzmärkte sind am heutigen Mittwoch, dem 04. Juni 2025, erneut in heller Aufregung. Im Zentrum des Geschehens: Die aggressive US-Handelspolitik unter Präsident Donald Trump, die mit der ab heute wirksamen Verdopplung der Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte auf 50% eine neue Eskalationsstufe erreicht. Diese Maßnahme feuert die bereits schwelenden internationalen Handelskonflikte weiter an und wirft einen dunklen Schatten auf die Konjunkturaussichten, insbesondere in der exportabhängigen Asien-Pazifik-Region. Was bedeutet dieser Schritt für die Weltwirtschaft und wie reagieren die Märkte?

Trumps Zollhammer trifft die Märkte – Nervosität steigt

Die von Präsident Trump gestern per Proklamation unterzeichnete Anhebung der Importzölle auf Stahl und Aluminium von 25% auf satte 50% (Artikel 4) ist mehr als nur ein symbolischer Akt. Begründet wird der Schritt mit der nationalen Sicherheit und dem Kampf gegen Dumpingpraktiken, doch die unmittelbare Folge sind steigende Kosten für US-Unternehmen, die auf diese Rohstoffe angewiesen sind. Zwar ist Großbritannien von den erhöhten Zöllen ausgenommen, doch für die meisten anderen Handelspartner bedeutet dies eine erhebliche Belastung. Beobachter erwarten, dass der Aufbau heimischer Produktionskapazitäten in den USA Jahre dauern wird und Unternehmen in der Zwischenzeit mit substanziell höheren Kosten konfrontiert sind.

Die Reaktion an den Devisenmärkten (Artikel 2) ließ nicht lange auf sich warten. Der US-Dollar zeigte sich bereits im Vorfeld nervös und tendierte leichter, während Händler gespannt auf die heute ebenfalls anstehenden ADP-Arbeitsmarktdaten und die wichtigen US-Arbeitsmarktzahlen am Freitag blicken. Diese Makrodaten treten neben den Handelsspannungen wieder stärker in den Fokus, nachdem der Dollar zu Wochenbeginn nach schwachen US-Industriedaten unter Druck geraten war, sich aber nach überraschend starken Daten zu offenen Stellen (JOLTS) wieder erholen konnte. Die heutige Deadline, die die Trump-Administration Handelspartnern für "beste Angebote" gesetzt hat, und das erwartete Telefonat zwischen Trump und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping nach gegenseitigen Vorwürfen der Vertragsverletzung (Artikel 2) sorgen für zusätzliche Unsicherheit. Der Dollar-Index notierte kaum verändert bei 99,159 Punkten.

Asien-Pazifik: Konjunktur unter Druck der Handelspolitik

Besonders spürbar sind die Auswirkungen der angespannten Weltlage und der US-Handelspolitik in der Asien-Pazifik-Region. Jüngste Daten aus Australien (Artikel 1) zeichnen ein düsteres Bild: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs im ersten Quartal 2025 mit 1,3% im Jahresvergleich weniger stark als erwartet (Prognose: 1,5%) und stagnierte damit auf dem Niveau des Vorquartals. Im Quartalsvergleich betrug das Wachstum lediglich 0,2% (Prognose: 0,4%), eine deutliche Verlangsamung gegenüber den 0,6% im Schlussquartal 2024. Neben schwachen öffentlichen und privaten Konsumausgaben sowie wetterbedingten Beeinträchtigungen in Schlüsselindustrien wie Bergbau, Tourismus und Schifffahrt drückte vor allem der schwelende Handelskonflikt zwischen den USA und China – beides wichtige Exportziele Australiens – auf die Bilanz. Zwar gab es im Mai Anzeichen einer Deeskalation, die Hoffnung auf ein besseres zweites Quartal machen, doch die Reserve Bank of Australia (RBA) hat bereits gewarnt, dass das Wachstumstempo 2025 langsamer als erwartet ausfallen dürfte. Die schwächelnde Konjunktur gibt der RBA jedoch mehr Spielraum für weitere Zinssenkungen, nachdem sie die Leitzinsen 2025 bereits um kumulierte 50 Basispunkte reduziert hat. Der Australische Dollar zeigte sich vor Bekanntgabe der BIP-Zahlen wenig verändert bei 0,6460 US-Dollar (Artikel 2).

Auch in Japan (Artikel 3, 6) macht sich die Unsicherheit breit. Das Wachstum im japanischen Dienstleistungssektor verlangsamte sich im Mai, wie der finale au Jibun Bank Einkaufsmanagerindex (PMI) mit 51,0 Punkten zeigte (April: 52,4). Zwar liegt der Wert noch über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten, doch die schwächere Nachfrage führte zum langsamsten Wachstum des Neugeschäfts seit November und dem schwächsten Beschäftigungsaufbau seit Dezember 2023. Annabel Fiddes von S&P Global Market Intelligence nannte Sorgen über die zukünftige globale Nachfrage, Arbeitskräftemangel und steigende Kosten als Hauptgründe. Die Inputpreise blieben erhöht, was auf weiterhin starke Inflationsdaten hindeutet. Der Composite PMI, der Industrie und Dienstleistungen zusammenfasst, fiel auf 50,2 Punkte und signalisiert damit eine Stagnation der gesamtwirtschaftlichen Aktivität.

Der Chef der Bank of Japan (BOJ), Kazuo Ueda (Artikel 6), äußerte sich dennoch zuversichtlich, dass Japans Wirtschaft den Auswirkungen der US-Zölle standhalten und einen Zyklus steigender Inflation und Löhne aufrechterhalten könne. Dies signalisiert eine prinzipielle Bereitschaft der Notenbank, die Zinsen weiter anzuheben. Ueda räumte ein, dass die Unsicherheit über die US-Handelspolitik Japans Exporte, Investitionspläne und Lohnentwicklung belasten könnte. Trotzdem sei die japanische Wirtschaft dank historisch hoher Unternehmensgewinne widerstandsfähig. Der enge Arbeitsmarkt stütze die Erwartung einer Lohn-Preis-Spirale. Auch wenn die Kerninflation temporär stagnieren dürfte, geht die BOJ weiterhin davon aus, dass sie allmählich ihr 2%-Ziel erreichen wird. Japans Wirtschaft war im ersten Quartal 2025 geschrumpft, und das Exportwachstum hatte sich im April verlangsamt – frühe Anzeichen für die Belastungen durch die US-Zölle. Dies hatte die BOJ bereits im Mai zu einer deutlichen Senkung ihrer Wachstums- und Inflationsprognosen gezwungen. Über den Zeitpunkt der nächsten Zinserhöhung äußerte sich Ueda nicht konkret.

Unterdessen gibt es in Japan auch innenpolitische Diskussionen als Reaktion auf die wirtschaftliche Lage. Der kleinere Koalitionspartner der regierenden LDP, Komeito, plant Berichten zufolge (Artikel 5), eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel von 8% auf 5% sowie Barauszahlungen zur Abfederung gestiegener Lebenshaltungskosten vorzuschlagen. Dies soll über erwartete Steuermehreinnahmen finanziert werden und erhöht den Druck auf Premierminister Shigeru Ishiba vor der Oberhauswahl im Juli, die Wähler fiskalisch zu unterstützen. Die LDP hatte sich bisher gegen Steuersenkungen gesperrt, auch mit Verweis auf die hohe Staatsverschuldung Japans.

Rohölmarkt zeigt Stärke, Südkorea-Won profitiert von Wahl

Abseits der direkten Handelskonflikte zeigte der Rohölmarkt (Artikel 8) Stärke. Der jüngste Wochenbericht des American Petroleum Institute (API) wies einen überraschend starken Rückgang der US-Rohöllagerbestände um 3,3 Millionen Barrel aus, während Analysten lediglich mit einem Minus von 0,9 Millionen Barrel gerechnet hatten. Dies deutet auf eine robustere Nachfrage in den USA hin als erwartet und gilt als bullishes Signal für die Ölpreise, auch wenn der Rückgang im Vergleich zur Vorwoche (minus 4,236 Millionen Barrel) geringer ausfiel.

Am Devisenmarkt fiel der südkoreanische Won (Artikel 2) positiv auf und legte um rund 0,2% auf 1.375,25 pro Dollar zu, nachdem der liberale Kandidat Lee Jae-myung die Präsidentschaftswahlen gewonnen hatte.

Ausblick: Gebannte Blicke auf Washington und Konjunkturdaten

Die kommenden Tage und Wochen dürften an den Finanzmärkten von hoher Volatilität geprägt bleiben. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob die von den USA losgetretene Zollspirale weiter an Fahrt gewinnt oder ob es doch noch zu einer diplomatischen Deeskalation kommt, insbesondere im Verhältnis zu China. Die heute anstehenden US-Arbeitsmarktdaten (ADP) und die offiziellen Zahlen am Freitag (Artikel 2) werden weitere Hinweise auf die Gesundheit der weltgrößten Volkswirtschaft geben und könnten die Geldpolitik der Federal Reserve beeinflussen. Die Notenbanken in Australien und Japan haben bereits signalisiert, die Entwicklungen genau zu beobachten und gegebenenfalls ihre Politik anzupassen. Für Anleger bedeutet dies, sich auf anhaltende Unsicherheit einzustellen und die Nachrichtenlage rund um die globale Handelspolitik und die US-Zölle genauestens zu verfolgen. Die Widerstandsfähigkeit der asiatischen Volkswirtschaften wird dabei ebenso auf dem Prüfstand stehen wie die Nerven der Marktteilnehmer. Die Frage bleibt: Steuern wir auf einen ausgewachsenen globalen Handelskrieg zu, oder ist dies nur ein weiteres Kapitel im aggressiven Verhandlungspoker der Trump-Administration? Die Antwort dürfte die Richtung der Märkte für die kommenden Monate bestimmen.

Felix Baarz

Felix Baarz ist Wirtschaftsjournalist mit mehr als 15 Jahren Erfahrung in der Berichterstattung über internationale Finanzmärkte. Als gebürtiger Kölner begann er seine Laufbahn bei einer deutschen Fachpublikation, bevor er für sechs Jahre nach New York zog.

In New York berichtete er direkt aus dem Zentrum der globalen Finanzwelt über Entwicklungen an der Wall Street und wirtschaftspolitische Entscheidungen von internationaler Tragweite. Diese Zeit prägte seine analytische Herangehensweise an komplexe Wirtschaftsthemen.

Heute arbeitet Baarz als freier Journalist für führende deutschsprachige Wirtschafts- und Finanzmedien. Seine Schwerpunkte liegen auf der fundierten Analyse globaler Finanzmärkte und der verständlichen Aufbereitung wirtschaftspolitischer Zusammenhänge. Neben seiner schriftlichen Arbeit moderiert er Fachdiskussionen und nimmt an Expertenrunden teil.

Sein journalistischer Ansatz kombiniert tiefgreifende Recherche mit präziser Analyse, um Lesern Orientierung in einer sich wandelnden Wirtschaftswelt zu bieten.