Die internationale Finanzarchitektur steht vor einem Wendepunkt. US-Finanzminister Scott Bessent nimmt gezielt multilaterale Institutionen in die Pflicht und fordert eine härtere Gangart gegenüber Chinas Wirtschaftspraktiken. Gleichzeitig zeigen sich an den globalen Märkten deutliche Spannungen – von Frankreichs Kreditabstufung bis hin zu amerikanischen Interventionen in Argentiniens Währungskrise.
Internationale Institutionen unter Druck
Bessent machte am Freitag unmissverständlich klar, dass sowohl der Internationale Währungsfonds als auch die Weltbank ihre Überwachungstätigkeiten verschärfen müssen. „Der IWF sollte nicht davor zurückschrecken, schwierige Fragen zu stellen“, erklärte der Finanzminister vor dem Lenkungsausschuss. Besonders im Fokus: Chinas staatlich gelenkte Wirtschaftspraktiken und deren Auswirkungen auf globale Handelsungleichgewichte.
Die Forderungen gehen weit über diplomatische Höflichkeiten hinaus. Die Weltbank soll ihre Unterstützung für China komplett einstellen und ihre Ressourcen auf bedürftigere Länder verlagern. Zudem kritisierte Bessent scharf, dass widerspenstige Gläubigerländer – eine unverhohlene Anspielung auf China – bei Schuldenrestrukturierungen zu leicht davonkommen würden.
Märkte reagieren auf politische Verwerfungen
Während Washington seine neue Tonart anschlägt, zeigen die Finanzmärkte deutliche Nervosität. S&P Global stufte Frankreichs Kreditwürdigkeit von ‚AA-/A-1+‘ auf ‚A+/A-1‘ herab und begründete dies mit der verlangsamten Haushaltskonsolidierung. Die Ratingagentur erwartet, dass politische Unsicherheiten Investitionen und Privatverbrauch belasten werden.
Diese Entwicklung zeigt exemplarisch, wie sich politische Instabilität direkt auf die Finanzierungskosten auswirkt. Frankreichs Schuldenquote soll bis Ende 2028 auf 121 Prozent des BIP steigen – ein deutlicher Anstieg gegenüber 112 Prozent Ende 2024.
Handelskonflikte eskalieren weiter
Die Spannungen zwischen Washington und Peking verschärfen sich unterdessen dramatisch. Neue Beschränkungen bei seltenen Erden, Trumps Zölle und zusätzliche Hafengebühren für chinesische Schiffe könnten ab 1. November zu weiteren 100-prozentigen US-Zöllen auf chinesische Importe führen. Diese Eskalation erfolgt trotz bestehender Handelsabkommen, die Unternehmen eigentlich Planungssicherheit geben sollten.
Auch die Schweiz spürt die Auswirkungen der neuen amerikanischen Handelspolitik. Wirtschaftsminister Guy Parmelin bestätigte zwar Gespräche mit Bessent über die 39-prozentigen US-Zölle auf Schweizer Waren, zeigte sich aber zurückhaltend bezüglich konkreter Fortschritte.
Währungsinterventionen als neues Instrument
Gleichzeitig demonstriert Washington seine Bereitschaft zu direkten Marktinterventionen. Das US-Finanzministerium kaufte erneut argentinische Pesos – sowohl am Spot-Markt als auch über sogenannte „Blue Chip Swaps“. Diese beispiellose Unterstützung für Argentinien umfasst zudem eine 20-Milliarden-Dollar-Fazilität für Staatsanleihen und einen Swap mit der argentinischen Zentralbank.
Der offizielle Peso schwächte sich trotz dieser Maßnahmen um 3,4 Prozent auf 1.450 pro Dollar ab. Die Intervention zeigt, wie weit die USA bereit sind zu gehen, um politisch verbündete Länder zu stabilisieren – ein deutlicher Kontrast zur harten Linie gegenüber China.
Strukturelle Veränderungen bei globalen Institutionen
Die Neuausrichtung der multilateralen Finanzinstitutionen geht über reine China-Kritik hinaus. Bessent forderte die Weltbank auf, ihre Klimafinanzierungsziele zu überdenken und stattdessen einen „All-of-the-Above“-Ansatz zu verfolgen, der auch Gas, Öl und Kohle einschließt. Gleichzeitig soll die Finanzierung kritischer Mineralien ausgeweitet werden – vor dem Hintergrund von Chinas Dominanz bei seltenen Erden eine strategisch wichtige Entscheidung.
Diese Kurswechsel spiegeln die neue amerikanische Prioritätensetzung wider: Wirtschaftliche Sicherheit und geopolitische Konkurrenzfähigkeit stehen über traditionelle Entwicklungsziele und Klimaschutz.
Die kommenden Wochen werden zeigen, wie nachhaltig sich diese neue US-Finanzdiplomatie auf die globalen Märkte auswirkt. Mit anstehenden Zentralbankentscheidungen und einer volatilen geopolitischen Lage dürften Investoren weltweit auf weitere Richtungsänderungen vorbereitet sein müssen.