Der französische Spirituosen-Riese Pernod Ricard setzt alles auf eine Karte – und die heißt Indien. In einer strategischen Kehrtwende verkauft der Konzern seine größte Massenmarke, um sich voll auf hochpreisige Getränke zu konzentrieren. Die Wette: Ein demografischer Boom und steigende Einkommen sollen das Wachstum auf ein neues Level heben. Kann diese radikale Premium-Strategie die Aktie aus ihrem langen Abwärtstrend katapultieren?
Strategischer Paukenschlag: Abschied vom Massenmarkt
Pernod Ricard vollzieht einen klaren Schnitt. Der Verkauf der Whisky-Marke Imperial Blue, die allein rund 20 Millionen Cases pro Jahr umsetzte, ist ein deutliches Signal: Das volumengetriebene Niedrigpreissegment ist Geschichte. Stattdessen setzt das Management voll auf „Premiumisierung“. Diese Neuausrichtung wird durch die gleichzeitige Einführung einer neuen Premium-Marke für junge Konsumenten, Xclamat!on, untermauert.
Der Grund für diesen radikalen Schritt ist simpel: Margen. Indien ist für Pernod Ricard längst nicht mehr nur ein Wachstumsmarkt, sondern der volumenstärkste Absatzmarkt der Welt. Mit einem Umsatz von umgerechnet etwa 3 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2025 ist der Subkontinent zudem nach Wert der zweitwichtigste Markt und trägt bereits 13 % zum globalen Gesamtumsatz bei. Indien hat damit China überholt – und nimmt nun die USA ins Visier.
- Neuer Champion: Indien ist Pernod Ricards volumenstärkster Markt (67,4 Mio. Cases in FY25).
- Wertschöpfung: Mit ca. 3 Mrd. Euro Umsatz ist es der zweitwichtigste Profitmotor.
- Strategischer Fokus: Verkauf der Massenmarke Imperial Blue, um Ressourcen für Premium-Labels wie Royal Stag, Blenders Pride, Chivas Regal und Glenlivet freizusetzen.
Die Wachstums-Wette: Zweistelliges Tempo in Sicht?
Doch reicht die Portfolio-Bereinigung für einen echten Turnaround? Das Management ist zuversichtlich und kündigt den Übergang zu einem zweistelligen Wachstum an. Bisher lag die jährliche Wachstumsrate (CAGR) in Indien bei 8 %. Der demografische Rückenwind scheint gewaltig: Jährlich erreichen in Indien etwa 20 Millionen Menschen das gesetzliche Mindestalter für Alkoholkonsum. Kombiniert mit steigenden Einkommen entsteht eine riesige Mittelschicht, die den Trend „Drink less, but better“ befeuert.
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Die größte Hoffnung für 2026 ist jedoch ein möglicher externer Katalysator: ein Freihandelsabkommen zwischen Indien und Großbritannien. Die Scotch Whisky Association prognostiziert, dass dies die Preise für importierten Scotch um bis zu 10 % senken könnte. Für Pernod Ricards Importgeschäft mit Marken wie Chivas Regal oder Ballantine’s wäre das ein massiver Turbo.
Kann die Strategie den Kurs retten?
Die Börse hat die strategischen Ankündigungen zunächst mit leichter Erholung quittiert. Die eigentliche Bewährungsprobe steht jedoch noch aus. Die Aktie notiert nahe ihrem 52-Wochen-Tief und hat seit Jahresanfang fast 30 % an Wert verloren. Der Abstand zum Allzeithoch von über 113 Euro beträgt satte 33 %. Die Kernfrage lautet: Schafft es das Management, das versprochene zweistellige Wachstum bereits in den kommenden Quartalszahlen sichtbar zu machen?
Pernod Ricard transformiert sich vor den Augen der Anleger – von einem defensiven Konsumwert zu einer puren Emerging-Markets-Wachstumsstory. Der Erfolg dieser Wette entscheidet sich nun in Indien.
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