Die globalen Inflationstrends setzen Zentralbanken weltweit unter Druck und zwingen sie zu unterschiedlichen geldpolitischen Strategien. Während die US-Notenbank Fed ihre Zinssenkungspläne verschiebt, können europäische und afrikanische Notenbanken flexibler agieren – ein Spiegelbild der divergierenden Wirtschaftsentwicklungen.
US-Inflation steigt überraschend
In den USA kletterte die Teuerung im Juni auf 2,6 Prozent nach 2,4 Prozent im Vormonat. Verantwortlich für den unerwarteten Anstieg waren vor allem Trumps Importzölle, die Möbel und Freizeitartikel verteuerten. Die Preise für Haushaltsausstattung sprangen um 1,3 Prozent – der stärkste Anstieg seit März 2022.
"Anstatt sich dem Ziel zu nähern, entfernt sich die Inflation nun deutlich davon", warnte Olu Sonola von Fitch Ratings. Die Entwicklung kompliziert die Erwartungen für Zinssenkungen im September oder Oktober erheblich. Fed-Chef Jerome Powell hatte bereits signalisiert, dass eine Lockerung frühestens im Oktober erfolgen könnte.
Europa zeigt sich widerstandsfähiger
Ganz anders die Lage in Europa: Deutschland verzeichnete im Juli mit 1,8 Prozent sogar einen Rückgang der Inflationsrate von 2,0 Prozent im Vormonat. Auch Italien meldete sinkende Teuerung auf 1,7 Prozent. Lediglich Spanien stach mit einem Anstieg auf 2,7 Prozent hervor.
"Die deutschen Inflationszahlen erfüllen zumindest kurzfristig die alte EZB-Definition von Preisstabilität", kommentierte Carsten Brzeski von ING. Der starke Euro gegenüber dem Vorjahr wirke sich positiv auf die Importpreise aus, insbesondere bei Energie.
Die Europäische Zentralbank sieht sich daher in einer komfortableren Position. Experten erwarten, dass die europaweite Inflationsrate am Freitag bei etwa 1,9 bis 2,0 Prozent liegen wird – nahe dem Zielwert der EZB.
Schwellenländer nutzen Spielräume
Während Industrienationen mit steigenden oder hartnäckigen Inflationsraten kämpfen, können Schwellenländer ihre Geldpolitik lockern. Mosambiks Zentralbank senkte den Leitzins um weitere 75 Basispunkte auf 10,25 Prozent – bereits die zehnte Senkung in Folge seit Januar 2024. Die jährliche Inflation lag im Juni bei nur 4,15 Prozent.
Auch Kenias Inflationsrate von 4,1 Prozent im Juli bleibt im Zielbereich der Notenbank zwischen 2,5 und 7,5 Prozent. Diese günstige Entwicklung gibt den Zentralbanken Raum für unterstützende Maßnahmen.
Handelspolitik als Unsicherheitsfaktor
Die unterschiedlichen Inflationsentwicklungen spiegeln auch die Auswirkungen der US-Handelspolitik wider. Während amerikanische Verbraucher höhere Preise durch Zölle spüren, profitiert Europa zunächst von reduzierten Importen und einem stärkeren Euro.
Allerdings warnen Ökonomen vor längerfristigen Verwerfungen. "Global agierende Unternehmen könnten versuchen, die Preise in Europa zu erhöhen, um Gewinneinbußen in den USA auszugleichen", so Brzeski.
Ausblick: Divergierende Geldpolitik
Die Märkte preisen bereits weniger als 50 Prozent Wahrscheinlichkeit für weitere EZB-Zinssenkungen in diesem Jahr ein. Gleichzeitig sehen sie sogar eine mögliche Zinserhöhung Ende 2026. Die Fed hingegen muss ihre Zinssenkungspläne möglicherweise weiter verschieben.
Diese geldpolitische Divergenz könnte die Währungsmärkte nachhaltig beeinflussen und neue Kapitalströme zwischen den Kontinenten auslösen. Für Anleger wird die regionale Differenzierung der Inflationstrends zu einem entscheidenden Faktor bei der Portfolioallokation.