Hims & Hers stellt sein Geschäftsmodell in kurzer Zeit deutlich breiter auf. Innerhalb weniger Tage meldet das Telemedizin-Unternehmen gleich drei größere strategische Schritte – von neuen Märkten für GLP‑1-Abnehmprogramme bis hin zu einem Einstieg in die Diagnostik. Gleichzeitig wächst der politische Druck in den USA auf genau jene Wirkstoffe, die zuletzt als Wachstumstreiber galten. Wie passt diese Offensive zur aktuellen Börsenlage?
Internationaler Vorstoß mit GLP‑1
Am 10. Dezember ist das umfassende Gewichtsmanagement-Programm offiziell in Großbritannien gestartet. Über die „Hers“-Plattform erhalten britische Frauen nun Zugang zu GLP‑1-Medikamenten wie Wegovy (Novo Nordisk) und Mounjaro (Eli Lilly), ergänzt um den rezeptfreien Wirkstoff Orlos. Basis für den Markteintritt ist die Übernahme des Londoner Telemedizin-Anbieters ZAVA.
Der Konzern adressiert damit einen Markt, in dem rund 64 % der erwachsenen Bevölkerung als übergewichtig oder adipös gelten. Auffällig ist die Preisgestaltung: Wegovy wird in Großbritannien ab 149 Pfund pro Monat bei Jahresbindung angeboten und liegt damit deutlich unter den in den USA üblichen Preisspannen über die Direktkanäle von Novo Nordisk. Aus Unternehmenssicht erhöht das die Attraktivität für preisbewusste Patienten und könnte die Kundengewinnung erleichtern.
Parallel hat Hims & Hers am 4. Dezember den offiziellen Markteintritt in Kanada bekanntgegeben. Grundlage ist die Übernahme von Livewell, einer digitalen Gesundheitsplattform mit Fokus auf Gewichtsreduktion. Die Expansion ist so terminiert, dass sie mit der erwarteten ersten Verfügbarkeit von generischem Semaglutid weltweit zusammenfällt – ein wichtiger Hebel, um GLP‑1-Behandlungen potenziell günstiger und skalierbarer anzubieten.
In Kanada ist das adressierbare Marktpotenzial ähnlich hoch wie in Großbritannien: Knapp zwei Drittel der erwachsenen Bevölkerung gelten als übergewichtig oder adipös. Um den Markteintritt zu untermauern, hat Hims & Hers eine lokale Führungsstruktur etabliert: Austin Kouri übernimmt als General Manager Kanada, Dr. Sandy Van wird Chief Medical Officer für die Region. Das signalisiert klar, dass es nicht um einen Testballon, sondern um langfristigen Marktausbau geht.
Pivot Richtung Diagnostik
Nur einen Tag vor den Kanada-News meldete Hims & Hers am 3. Dezember eine weitere Weichenstellung: Die Vereinbarung zur Übernahme von YourBio Health, einem in Boston ansässigen Spezialisten für kapillare Blutentnahme. Damit rückt das Unternehmen gezielt in den Bereich Diagnostik und personalisierte Gesundheitsservices vor.
YourBio bringt mehrere proprietäre Technologien in den Konzern ein:
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- Das TAP®-Gerät, das mit bladeless-Mikronadeln arbeitet
- Die HALO™-Technologieplattform
- Ein umfangreiches Patentportfolio im Bereich Mikro-Technologie
- Lösungen für nahezu schmerzfreie Blutentnahme
Die Transaktion soll Anfang 2026 abgeschlossen werden und wird vollständig aus vorhandenen Barmitteln finanziert. Strategisch eröffnet das Hims & Hers die Möglichkeit, telemedizinische Behandlungen stärker mit eigener Diagnostik und Labordaten zu verknüpfen – ein Baustein für individuellere Therapien und zusätzliche Erlösquellen.
Gesetzesdruck auf GLP‑1-Kernbereich
Während die Expansion voranschreitet, steigt in den USA der Druck auf den bislang wichtigsten Wachstumsmotor: compounded GLP‑1-Medikamente, also individuell hergestellte Varianten der bekannten Wirkstoffe. Am 10. Dezember geriet die Aktie unter Verkaufsdruck, nachdem US-Abgeordnete den SAFE Drugs Act of 2025 eingebracht hatten. Der Titel schloss am Freitag bei 31,48 Euro und liegt damit rund 12 % unter dem 50‑Tage-Durchschnitt.
Der Gesetzesentwurf zielt explizit auf compounded Versionen von GLP‑1 ab, die für Hims & Hers eine bedeutende Wachstumsrolle spielen. Vorgesehen sind unter anderem:
- Eine klare gesetzliche Definition, wann ein Arzneimittel „im Wesentlichen eine Kopie“ eines bestehenden Präparats ist
- Eine Meldepflicht für Apotheken an die FDA bei Rezepten aus anderen Bundesstaaten
- Einschränkungen für die massenhafte Herstellung nicht zugelassener Versionen bereits von der FDA genehmigter Medikamente
Hintergrund ist, dass die FDA nach eigenen Angaben bereits über 1.000 Meldungen zu Nebenwirkungen im Zusammenhang mit compounded GLP‑1 erhalten hat. Auffällig: Während Hims & Hers unter Druck geriet, legten die Aktien von Novo Nordisk und Eli Lilly nach der Ankündigung um 6,2 % bzw. 1,3 % zu – ein Hinweis darauf, dass Investoren eher die Marktposition der originären Hersteller gestärkt sehen.
Starke Wachstumszahlen im Rücken
Operativ kann Hims & Hers die strategische Offensive auf eine solide Ausgangsbasis stützen. Im dritten Quartal 2025 erzielte das Unternehmen Erlöse von knapp 600 Millionen US‑Dollar, ein Plus von 49 % gegenüber dem Vorjahr. Die Zahl der Abonnenten stieg auf fast 2,5 Millionen, was einem Zuwachs von 21 % im Jahresvergleich entspricht.
Auch ergebnisseitig zeigt der Trend nach oben: Der Nettogewinn lag bei 15,8 Millionen US‑Dollar, das bereinigte EBITDA überstieg 78 Millionen US‑Dollar. Das Management hat seine Umsatzprognose für das Gesamtjahr 2025 auf eine Spanne von 2,335 bis 2,355 Milliarden US‑Dollar präzisiert. Zudem laufen weiterhin Gespräche mit Novo Nordisk über mögliche Kooperationsmodelle, auch wenn bislang keine verbindliche Vereinbarung vorliegt.
Die Aktie hat sich trotz des jüngsten Rückgangs seit Jahresbeginn noch spürbar verteuert (YTD plus 28,33 %), notiert aber deutlich unter ihrem 52‑Wochen-Hoch von 66,06 Euro und damit weit entfernt von früherer Euphorie. Vor diesem Hintergrund markieren die internationale Expansion, der Vorstoß in die Diagnostik und der regulatorische Gegenwind einen entscheidenden Test, ob Hims & Hers sein dynamisches Wachstum in ein robusteres, breiter aufgestelltes Geschäftsmodell überführen kann.
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