Die neue US-Handelspolitik spaltet die Weltwirtschaft und sorgt für drastische Unterschiede zwischen Gewinnern und Verlierern an den internationalen Finanzmärkten. Während Wall Street-Trader von der Volatilität profitieren und mit Bonussteigerungen von bis zu 30 Prozent rechnen können, kämpfen andere Länder mit den Auswirkungen der amerikanischen Zollpolitik.
Handelsdefizit und Marktvolatilität beflügeln US-Trader
Die Unsicherheit rund um die neuen Zölle hat den US-Finanzmarkt in einen Profitabilitätsrausch versetzt. Wall Street-Händler von Aktien und Anleihen können sich laut der Beratungsfirma Johnson Associates über erhebliche Bonussteigerungen freuen. "All die Unsicherheit um die Zölle und die kontinuierliche Unruhe begünstigt Volatilität und Trader", erklärt Gründer Alan Johnson.
Gleichzeitig zeigen die jüngsten Handelsdaten ein paradoxes Bild: Das US-Handelsdefizit schrumpfte im Juni überraschend stark um 16 Prozent auf 60,2 Milliarden Dollar. Dahinter verbirgt sich jedoch eine Geschichte der Vorzieheffekte – Unternehmen hatten im ersten Quartal ihre Importe dramatisch erhöht, um den drohenden Zöllen zuvorzukommen. Diese Strategie führte zunächst zu einem Importboom, der nun in einen entsprechenden Rückgang mündet.
Europa zwischen Erholung und Zollsorgen
An den europäischen Märkten herrscht derweil ein ambivalentes Klima. Der STOXX 600 legte zwar um 0,3 Prozent zu, getrieben von positiven Unternehmensberichten wie denen von Diageo und DHL. Doch die Erleichterung ist gedämpft: Die 15-prozentigen US-Grundzölle auf die meisten EU-Waren sind zwar niedriger als befürchtet, bleiben aber eine erhebliche Belastung.
"Unternehmen wollen momentan vorsichtig sein und werden mehr Orientierung geben, wenn wir etwas mehr Klarheit haben", kommentiert Amelie Derambure von Amundi die Lage. Die Unsicherheit über die langfristigen Handelsbeziehungen bremst trotz der aktuellen Kursgewinne die Investitionsbereitschaft europäischer Firmen.
Asiatische Märkte unter Druck
Besonders deutlich zeigt sich die neue geopolitische Realität in Asien. Russland protestiert scharf gegen Trumps Drohungen gegenüber Indien wegen dessen Ölkäufen bei Moskau. "Wir hören viele Aussagen, die faktisch Bedrohungen sind", kritisiert Kreml-Sprecher Dmitri Peskow die amerikanischen Versuche, Handelsbeziehungen zu diktieren.
Thailand bereitet sich bereits konkret auf die Zollbelastung vor: Mit einem 572-Millionen-Dollar-Stimuluspaket will Bangkok die Auswirkungen der 19-prozentigen US-Zölle abfedern. Die Universität der thailändischen Handelskammer senkte ihre Wachstumsprognose entsprechend auf nur 1,7 Prozent.
Geldpolitik im Spannungsfeld
Die handelspolitischen Turbulenzen setzen auch die Zentralbanken unter Druck. In Südkorea entspannt sich die Inflationslage mit einem Rückgang auf 2,1 Prozent im Juli, was der Notenbank mehr Spielraum verschafft. Ganz anders die Situation in den USA: Präsident Trump erwägt bereits, seinen bevorzugten Fed-Nachfolger vorzeitig zu positionieren, um Jerome Powell zu schwächen.
Analysten von Wolfe Research spekulieren, dass Trump den Rücktritt der Fed-Gouverneurin Adriana Kugler nutzen könnte, um einen "Schatten-Fed-Chef" zu installieren. Kevin Hassett gilt als Favorit für die Powell-Nachfolge, mit klaren Marschbefehlen für Zinssenkungen.
Lohnkosten als zusätzlicher Inflationstreiber
Während die Handelspolitik für Preisdruck sorgt, verschärfen steigende Löhne die Situation zusätzlich. In Großbritannien soll der Mindestlohn 2026 um 4,1 Prozent auf 12,71 Pfund steigen – ein Niveau, das die Bank of England mit Sorge betrachtet. Die Hospitality-Branche warnt bereits vor Stellenabbau: "Jede erhebliche Lohnerhöhung könnte Arbeitsplätze kosten", mahnt Branchenvertreterin Kate Nicholls.
Die neue Weltordnung der Handelspolitik zwingt Märkte, Unternehmen und Notenbanken zu fundamentalen Anpassungen. Während manche Akteure wie Wall Street-Trader von der Volatilität profitieren, müssen andere mit strukturellen Herausforderungen kämpfen, die weit über kurzfristige Marktbewegungen hinausgehen.