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Finanzmärkte: Neue Weltordnung?

Geopolitische Spannungen und US-Handelspolitik belasten die Finanzmärkte, während China den digitalen Yuan als Alternative zum Dollar vorantreibt.

Die wichtigsten Punkte im Überblick

  • Eskalierender Nahost-Konflikt treibt Ölpreise und Unsicherheit
  • US-Handelspolitik belastet Exportnationen wie Japan und Australien
  • China fördert digitalen Yuan als Alternative zum US-Dollar
  • Fed-Zinsentscheidung unter besonderer Beobachtung der Märkte

Die globalen Finanzmärkte befinden sich im Krisenmodus: Der brodelnde Konflikt zwischen Israel und Iran, der heute in den sechsten Tag geht, sowie die aggressive US-Handelspolitik unter Präsident Trump haben die Anleger weltweit in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Droht eine Eskalation, die das Währungsgefüge erschüttert und die Dominanz des US-Dollar weiter untergräbt? Während China offen den Vorstoß für eine multipolare Finanzwelt probt, ringen andere Nationen wie Japan und Australien verzweifelt um Stabilität angesichts drohender Zölle und geopolitischer Unsicherheiten. Alle Augen richten sich nun auf die Federal Reserve, deren heutige Zinsentscheidung mit Spannung erwartet wird.

Nahost-Konflikt und US-Zölle: Doppelschlag für globale Finanzmärkte

Der eskalierende Konflikt im Nahen Osten, bei dem Israel seit nunmehr sechs Tagen den Iran attackiert, um dessen Nuklearprogramm zu stoppen und einen Regierungswechsel zu erzwingen, hält die globalen Finanzmärkte in Atem. Berichte über eine Verstärkung der US-Militärpräsenz in der Region und Präsident Trumps scharfe Rhetorik, die ein Ultimatum an den Iran beinhaltet, schüren Ängste vor einer direkten US-Intervention und einer Ausweitung des Konflikts in der energiereichen Region. In dieser angespannten Lage flüchten Investoren traditionell in sichere Häfen. Der US-Dollar konnte so trotz zuletzt gesunkenen Vertrauens in die US-Wirtschaft seine Stellung behaupten und legte gegenüber wichtigen Währungen wie dem japanischen Yen, dem Schweizer Franken und dem Euro seit letzter Woche rund ein Prozent zu. Auch US-Staatsanleihen waren gefragt.
Die Ölpreise zogen deutlich an, Brent notiert bei über 76 Dollar, US-Rohöl bei über 75 Dollar pro Barrel – eine Entwicklung, die besonders Nettoimporteure wie die Eurozone und Japan belastet und die Inflationssorgen weiter anfacht. Die Nervosität spiegelt sich auch an den Aktienmärkten wider, wo der MSCI-Index für Asien-Pazifik außerhalb Japans fiel und auch die europäischen Futures Verluste andeuteten.

US-Handelspolitik: Japan und Australien unter Druck

Parallel zu den geopolitischen Verwerfungen sorgt die unberechenbare US-Handelspolitik für massive Unsicherheit auf den globalen Finanzmärkten. Präsident Trumps erratische Zollpolitik und die Drohung mit weiteren Abgaben Anfang Juli haben das Vertrauen in den Dollar bereits zuvor angekratzt und belasten Volkswirtschaften weltweit. Besonders betroffen ist Japan: Die Exporte des Landes fielen im Mai zum ersten Mal seit acht Monaten, ein Minus von 1,7 Prozent im Vorjahresvergleich, was maßgeblich auf die US-Zölle von 25 Prozent auf Automobile und Stahl zurückgeführt wird. Die Exporte in die USA brachen um 11,1 Prozent ein, jene nach China sanken um 8,8 Prozent. Dies führte im Mai zu einem Handelsdefizit von 637,6 Milliarden Yen, auch wenn dies geringer ausfiel als von Analysten erwartet.
Premierminister Shigeru Ishiba bestätigte erst gestern nach dem G7-Gipfel, dass keine Einigung mit den USA erzielt werden konnte, die Verhandlungen jedoch fortgesetzt würden. Tokio kämpft verzweifelt um eine Ausnahme von den Zöllen, die laut Schätzungen des Japan Research Institute die US-Exporte um 20-30% senken und das Bruttoinlandsprodukt um rund einen Prozentpunkt schmälern könnten. Auch Australien spürt die Auswirkungen der globalen Volatilität und der US-Zölle. Schatzmeister Jim Chalmers kündigte heute an, dass die im Mai wiedergewählte Labor-Regierung Steuerreformen zur Produktivitätssteigerung prüfen werde. Man müsse die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit stärken, so Chalmers, da die australische Wirtschaft im ersten Quartal kaum gewachsen sei und die Aussichten sich eingetrübt hätten. Angesprochen auf US-Forderungen nach höheren Verteidigungsausgaben betonte Chalmers den Fokus auf die Haushaltskonsolidierung.

Chinas Griff nach der Währungsmacht: Der digitale Yuan als Dollar-Alternative?

Angesichts der wachsenden Unsicherheit durch die US-Politik und der Verwundbarkeiten des traditionellen, vom Dollar dominierten Finanzsystems, treibt China seine Pläne für eine Alternative voran. Auf dem heutigen Lujiazui Forum in Shanghai kündigte der Gouverneur der People’s Bank of China, Pan Gongsheng, Initiativen zur internationalen Förderung des digitalen Yuan (e-CNY) und zur Entwicklung eines multipolaren globalen Währungssystems an. "Die Entwicklung eines multipolaren internationalen Währungssystems wird dazu beitragen, die politischen Beschränkungen für Länder mit souveränen Währungen zu stärken, die Widerstandsfähigkeit des Systems zu erhöhen und die globale Finanzstabilität besser zu sichern", so Pan. Er erwarte, dass mehrere globale Schlüsselwährungen in gegenseitigem Wettbewerb und gegenseitiger Kontrolle koexistieren werden.
Pan betonte, dass traditionelle grenzüberschreitende Zahlungsinfrastrukturen leicht politisiert und als Werkzeug für unilaterale Sanktionen missbraucht werden könnten, was die globale Wirtschafts- und Finanzordnung beschädige. Zudem seien sie weniger effizient und anfällig für geopolitische Risiken. China plant die Einrichtung eines internationalen Betriebszentrums für den e-CNY in Shanghai und die Einführung von Yuan-Futures-Handel, um Investoren neue Absicherungsinstrumente zu bieten. Zhu Hexin, Leiter der staatlichen Devisenverwaltung (SAFE), bekräftigte ebenfalls auf dem Forum, dass China die Stabilität des Yuan-Wechselkurses wahren und sich gegen externe Schocks und Risiken wehren werde. Das Land werde seine Fähigkeit, auf Devisenmarktvolatilität zu reagieren, weiter verbessern und ein Bewertungssystem für die Devisenmanagementpolitik einrichten.

Fed vor Zinsentscheid: Nervosität an den globalen Finanzmärkten steigt

Im Epizentrum der aktuellen Nervosität an den globalen Finanzmärkten steht die heutige Zinsentscheidung der US-Notenbank Federal Reserve (Fed). Während Analysten mehrheitlich davon ausgehen, dass die Fed die Leitzinsen unverändert lassen wird, richtet sich der Fokus gespannt auf den geldpolitischen Ausblick und die neuen Wirtschaftsprognosen. Die Notenbanker stehen vor einer komplexen Aufgabe: Die US-Wirtschaft zeigte zuletzt Schwächesignale, wie die im Mai überraschend deutlich um 0,9% gefallenen Einzelhandelsumsätze – der stärkste Rückgang seit vier Monaten – belegen. Gleichzeitig treiben der Nahost-Konflikt und die gestiegenen Ölpreise die Inflationssorgen an, während Präsident Trumps Handelspolitik die Unsicherheit weiter erhöht.
"Wir erwarten keine großen Neuigkeiten von der Fed", kommentierte Erik Weisman, Chefökonom bei MFS Investment Management. "Interessant könnten aber die neuen Prognosen werden, die möglicherweise einen niedrigeren Wachstumspfad bei gleichzeitig hartnäckigerer Inflation zeigen." Ähnlich äußerte sich Rodrigo Catril von der National Australia Bank, der eine vorsichtige Botschaft der Fed erwartet. Die Bank of Japan hat in dieser Woche bereits vorgelegt und ihre Zinsen am Dienstag unverändert gelassen, aber eine Verlangsamung ihres Anleihekaufprogramms signalisiert, um die jüngsten Verwerfungen an den Anleihemärkten zu beruhigen. Im Laufe der Woche werden auch die Zentralbanken von Großbritannien, der Schweiz, Norwegen und Schweden ihre Entscheidungen bekannt geben.

Ausblick: Eine neue Ära der Unsicherheit

Die globalen Finanzmärkte navigieren durch stürmische Zeiten. Geopolitische Krisenherde, eine aggressive US-Handelspolitik und Chinas Bestrebungen, die Dominanz des Dollar zu brechen, zeichnen das Bild einer Welt im Umbruch. Ob diese Entwicklungen tatsächlich zu einer neuen, multipolaren Finanzordnung führen oder ob der Greenback seine Vormachtstellung trotz allem verteidigen kann, werden die kommenden Monate zeigen. Die geldpolitischen Weichenstellungen der Federal Reserve und anderer wichtiger Zentralbanken sowie der weitere Verlauf der internationalen Handelskonflikte werden dabei entscheidende Wegweiser sein. Eines scheint jedoch sicher: Die alte Gewissheit an den Märkten ist einer Ära der Unsicherheit gewichen, die Anleger noch länger begleiten dürfte.

Andreas Sommer

Mit über 40 Jahren Erfahrung im Bankwesen und Börsenjournalismus gehöre ich zu den etablierten Analysten im deutschsprachigen Raum. Nach mehr als zehn Jahren als Wertpapierberater bei der Deutschen Bank spezialisierte ich mich seit dem Börsencrash 1987 auf technische Analyse und charttechnische Methoden.

Als ehemaliger Chefredakteur mehrerer Börsenpublikationen entwickelte ich den "Aktienführer Neuer Markt" mit und führe heute einen Börsendienst, der sich auf wachstumsstarke Unternehmen fokussiert. Mein wöchentliches Markt-Barometer analysiert systematisch DAX, Dow Jones, Ölpreis, Währungen und Marktstimmung, um präzise Orientierung zu bieten.

Die Ergebnisse sprechen für sich: Leser meines Börsendienstes erzielten über zwei Jahrzehnte einen durchschnittlichen Depotzuwachs von +576%. Meine rechtzeitigen Warnungen vor dem Crash 2008 halfen vielen Anlegern, Verluste zu minimieren.

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