Die US-Notenbank Federal Reserve steht vor einer entscheidenden Richtungsänderung. Schwächelnde Arbeitsmarktdaten und nachlassende Wirtschaftsindikatoren verstärken den Druck auf die Zentralbank, bereits im September die Zinswende einzuleiten. Gleichzeitig sorgen Trumps Personalpläne für die Fed-Führung für zusätzliche Bewegung in der Geldpolitik.
Arbeitsmarkt alarmiert Fed-Politiker
Die jüngsten Beschäftigungszahlen haben bei mehreren Fed-Vertretern die Alarmglocken läuten lassen. Fed-Gouverneurin Lisa Cook bezeichnete die nach unten revidierten Stellenzuwächse für Mai und Juni als "besorgniserregend". Die Arbeitslosigkeit kletterte im Juli auf 4,2 Prozent – ein Signal, das die Notenbanker nicht ignorieren können.
"Das Beschäftigungsrisiko ist deutlich höher als zuvor", warnte Raphael Bostic, Präsident der Atlanta Fed. Diese Einschätzung spiegelt einen bemerkenswerten Wandel wider: Noch Ende Juli hatten neun von elf Fed-Mitgliedern die Leitzinsen unverändert gelassen, obwohl zwei Vertreter bereits für Senkungen plädierten.
Alberto Musalem von der St. Louis Fed bringt das Dilemma auf den Punkt: "Es gibt Risiken auf beiden Seiten unseres Mandats." Die Fed muss zwischen Inflationssorgen durch Trumps neue Zölle und der schwächelnden Beschäftigungslage abwägen – eine schwierige Gratwanderung für die Geldpolitiker.
Dollar unter Druck
Die veränderte Fed-Haltung zeigt bereits Wirkung an den Devisenmärkten. Der Dollar steuert auf einen Wochenverlust zu, während Händler eine 89-prozentige Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung im September einpreisen. Bis Jahresende erwarten die Märkte Senkungen um insgesamt 58 Basispunkte.
"Die Fed neigt dazu, die Zinsen wahrscheinlich etwas schneller zu senken als die Märkte vor der vergangenen Woche erwartet hatten", analysiert Shaun Osborne von Scotiabank. Diese Erwartung treibt auch die Aktienmärkte an: Der S&P 500 und die Nasdaq verzeichneten solide Wochengewinne, gestützt von Technologiewerten wie Apple, die nach Trumps angekündigter 100-Milliarden-Investition um 4,6 Prozent zulegte.
Trump formt Fed-Führung um
Parallel zu den geldpolitischen Diskussionen treibt Präsident Trump seine Personalplanungen für die Fed voran. Mit Stephen Miran nominierte er einen wirtschaftspolitischen Berater für einen kurzfristigen Gouverneursposten. Gleichzeitig erweitert sich die Kandidatenliste für den Fed-Vorsitz: Neben Christopher Waller gelten nun auch der frühere St. Louis Fed-Präsident James Bullard und Wirtschaftsberater Marc Sumerlin als potenzielle Nachfolger Jerome Powells.
Diese Personalrochaden könnten die Fed-Politik mittelfristig prägen. "Das bestückt das FOMC mit Leuten, die vermutlich etwas günstiger zu niedrigeren Zinsen stehen", interpretiert Scotiabank-Experte Osborne die Entwicklung.
Globale Auswirkungen spürbar
Die Unsicherheit über die neue US-Geldpolitik erfasst bereits andere Volkswirtschaften. In Chile überraschte die Inflation mit 4,3 Prozent nach oben und stellt weitere Zinssenkungen infrage. Kolumbiens Zentralbank hält an hohen Zinsen fest, während sich das Wachstum auf 2,6 Prozent einpendelt.
Diese divergierenden Entwicklungen unterstreichen, wie stark die Fed-Politik globale Märkte beeinflusst. Während sich US-Investoren auf Zinssenkungen einstellen und IPOs wie das medizinische KI-Unternehmen Heartflow mit einem Plus von 47 Prozent debütieren, müssen andere Zentralbanken ihre eigenen Inflationsrisiken im Blick behalten.
Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die Fed ihren vorsichtigen Kurs beibehält oder dem Marktdruck nachgibt. Die Verbraucherpreisdaten der nächsten Woche dürften dabei entscheidende Hinweise liefern, wie sich Trumps Zollpolitik auf die Inflation auswirkt – und damit auf die Zinsentscheidung im September.