Die globalen Finanzmärkte stehen vor einem entscheidenden Wendepunkt. Während die Federal Reserve am kommenden Mittwoch ihre erste Zinssenkung seit neun Monaten vollziehen dürfte, zeigen sich die Reaktionen der Investoren bereits jetzt vielschichtig. Die Erwartung einer Leitzinssenkung um 25 Basispunkte hat die Märkte in unterschiedliche Richtungen getrieben – und dabei sowohl Euphorie als auch Vorsicht ausgelöst.
Gemischte Signale aus den USA
An der Wall Street präsentierte sich ein uneinheitliches Bild. Während S&P 500 und Nasdaq erneut Rekordstände erreichten, gab der Dow Jones nach. Microsoft trieb die Technologiewerte an, nachdem das Unternehmen einer möglichen EU-Kartellstrafe durch Angebote reduzierten Preise für Office-Produkte entging. Tesla sprang sogar um sieben Prozent hoch, als Verwaltungsratschefin Robyn Denholm Sorgen über CEO Elon Musks politische Aktivitäten zerstreute.
Doch die Stimmungsindikatoren trüben das Bild. Der Verbrauchervertrauensindex der University of Michigan fiel den zweiten Monat in Folge und erreichte den niedrigsten Stand seit Mai. Besonders bedenklich: Die Inflationserwartungen der Konsumenten stiegen auf 3,9 Prozent für die nächsten fünf Jahre – ein deutlicher Anstieg gegenüber den 3,5 Prozent im Vormonat.
Dollar unter Druck trotz Erholung
Der US-Dollar zeigte sich widersprüchlich. Nach den schwachen Arbeitsmarktdaten vom Donnerstag erholte sich die Währung am Freitag leicht, blieb aber auf Wochensicht unter Druck. Der Dollar-Index verzeichnete den zweiten wöchentlichen Rückgang in Folge. „Das breitere Bild bleibt für den Dollar ziemlich negativ“, erklärte John Velis von BNY. Die beginnenden Fed-Zinssenkungen und das anhaltende Hedging-Verhalten ausländischer Investoren würden weiterhin Druck auf die Währung ausüben.
Gegen den Yen gewann der Dollar jedoch an Boden, nachdem USA und Japan in einer gemeinsamen Erklärung bekräftigten, dass Wechselkurse „marktbestimmt“ sein sollten. Übermäßige Volatilität sei unerwünscht – ein Signal, das die Märkte als beruhigend interpretierten.
Europäische Zentralbank bremst Erwartungen
Während die Fed zur Lockerung ansetzt, signalisiert die Europäische Zentralbank Zurückhaltung. Nach der gestrigen Zinspause warnte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel eindringlich vor weiteren Schritten: „Weitere Zinssenkungen könnten dieses Ziel gefährden“, sagte er mit Blick auf die Preisstabilität. Die erhöhten Ausgaben Deutschlands für Verteidigung und Infrastruktur wirkten bereits stimulierend auf die Eurozone.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte betont, die Eurozone befinde sich in einer „guten Lage“. Händler reduzierten daraufhin ihre Wetten auf eine weitere EZB-Zinssenkung in diesem Zyklus auf weniger als 50 Prozent.
Anleihemärkte reagieren nervös
Die Anleihemärkte spiegelten die wachsende Unsicherheit wider. Die Rendite zehnjähriger US-Treasuries stieg um 5,1 Basispunkte auf 4,062 Prozent, nachdem sie am Donnerstag erstmals seit April unter die Vier-Prozent-Marke gefallen war. Die schwachen Verbraucherdaten und anhaltend hohen Inflationserwartungen nährten Zweifel, ob die Fed genügend Spielraum für aggressive Zinssenkungen haben wird.
Trump sucht neuen Fed-Chef
Parallel zur laufenden Geldpolitik intensiviert die Trump-Administration die Suche nach Jerome Powells Nachfolger. Finanzminister Scott Bessent traf sich bereits mit vier Kandidaten, darunter BlackRock-Manager Rick Rieder. Trump hatte deutlich gemacht, dass er einen Fed-Chef möchte, der stärker mit seinem Kurs für schnelle Zinssenkungen harmoniert. Powell hatte die Zinsen heuer konstant gehalten, aus Sorge, dass Trumps Zölle die Inflation anheizan könnten.
Die Märkte stehen damit vor einer doppelten Herausforderung: Der unmittelbaren Zinsentscheidung der Fed und der längerfristigen Unsicherheit über die künftige Geldpolitik unter neuer Führung. Während Investoren auf Zinssenkungen setzen, mahnen die gemischten Wirtschaftsdaten zur Vorsicht – ein Spagat, der die Volatilität in den kommenden Wochen bestimmen dürfte.