Eli Lilly sorgt kurz vor Jahresende nicht nur mit starken Pipeline-Meldungen, sondern auch mit frischen Übernahmegerüchten für Gesprächsstoff. Im Zentrum steht das französische Biotech-Unternehmen Abivax, dessen Wirkstoffkandidat für Darmentzündungen bereits für eine spektakuläre Kursreaktion gesorgt hat. Für Anleger stellt sich damit die Frage, wie strategisch wichtig diese mögliche Transaktion für Lillys nächste Wachstumsphase wäre – und wie sie in das ohnehin volle Maßnahmenpaket des Konzerns passt.
Abivax-Gerüchte nehmen Fahrt auf
Laut der französischen Publikation La Lettre haben Vertreter von Eli Lilly Anfang Dezember Gespräche mit dem französischen Finanzministerium geführt, um regulatorische Rahmenbedingungen für eine mögliche Abivax-Übernahme auszuloten. Eine offizielle Bestätigung gibt es bisher nicht: Auf Anfrage von Reuters wollte Lilly sich lediglich nicht zu „Business Development“-Aktivitäten äußern.
Die Spekulationen kommen nicht aus dem Nichts. Bereits vor einigen Wochen kursierten erste Übernahmegerüchte, die das Interesse am Biotech-Titel deutlich erhöht hatten. Nun erhalten sie durch die Berichte über konkrete Kontakte mit den Behörden neuen Auftrieb.
Abivax steht seit Juli 2025 im Fokus, nachdem das Unternehmen positive Phase-3-Daten für seinen wichtigsten Wirkstoffkandidaten obefazimod vorgelegt hat. Das Medikament zielt auf die Behandlung von Colitis ulcerosa ab. Die klinischen Erfolge führten damals zu einer außergewöhnlichen Kursrally: Die in Paris gelisteten Abivax-Aktien sprangen an einem einzigen Handelstag um mehr als 500 %, weil Investoren das kommerzielle Potenzial des Wirkstoffs neu bewerteten.
Strategie: Ausbau der Immunologie
Eine Übernahme von Abivax würde nahtlos zu Lillys erklärter Strategie passen, das Immunologie-Geschäft zu stärken. Mit der Ernennung von Adrienne Brown zur Executive Vice President und Präsidentin von Lilly Immunology hat der Konzern dieses Feld zuletzt klar priorisiert.
Obefazimod könnte – sofern es tatsächlich in den Konzern geholt wird – das bestehende Immunologie-Portfolio ergänzen. Der Vorteil aus strategischer Sicht: Der Wirkstoff bietet einen differenzierten Wirkmechanismus im Bereich chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen und könnte Lillys Position in einem umkämpften Markt verbreitern, der langfristig stabile, wiederkehrende Umsätze verspricht.
M&A-Kurs: Serie an Zukäufen
Die Abivax-Gerüchte sind eingebettet in eine ganze Reihe von Übernahmen, mit denen sich Lilly im Jahr 2025 gezielt Technologie und Spätphasen-Pipeline einkauft.
Am 9. Dezember hat der Konzern den Kauf von Adverum Biotechnologies abgeschlossen. Das Volumen liegt inklusive Meilensteinzahlungen bei bis zu 262 Millionen US-Dollar. Mit dem Deal sichert sich Lilly die volle Kontrolle über ein fortgeschrittenes Gentherapieprogramm gegen die feuchte altersbedingte Makuladegeneration (AMD). Gezahlt wurden 3,56 US-Dollar je Adverum-Aktie in bar, hinzu kommen erfolgsabhängige Ansprüche, die an regulatorische und kommerzielle Meilensteine geknüpft sind.
Bereits im Juni 2025 hatte Lilly Verve Therapeutics für bis zu 1,3 Milliarden US-Dollar übernommen – ein weiterer Schritt in Richtung genetische Medizin. Im Jahresverlauf kamen zudem mehrere strategische Transaktionen im Bereich 1 bis 3 Milliarden US-Dollar hinzu, darunter SiteOne Therapeutics und Scorpion Therapeutics. Das Bild ist klar: Lilly setzt konsequent auf externe Innovation, um die eigene Pipeline in Schlüsselbereichen zu verstärken.
Pipeline in Schwung
Parallel zu den M&A-Aktivitäten meldet der Konzern eine Reihe wichtiger Fortschritte in der eigenen Entwicklungspipeline:
Orforglipron (orale GLP‑1-Pille für Adipositas)
Am 18. Dezember reichte Lilly den Zulassungsantrag bei der US‑Behörde FDA ein. Grundlage sind positive Phase‑3‑Daten der ATTAIN-MAINTAIN-Studie, in der Patienten beim Wechsel von injizierbaren GLP‑1-Therapien mit Orforglipron 80–95 % ihres Gewichtsverlusts halten konnten.Retatrutid (Triple-Agonist)
Am 11. Dezember veröffentlichte Lilly Phase‑3-Ergebnisse, wonach Studienteilnehmer im Schnitt 28,7 % ihres Körpergewichts verloren – die bislang stärkste Wirkung, die für ein Abnehmmedikament in klinischen Studien gezeigt wurde.Sollten Anleger sofort verkaufen? Oder lohnt sich doch der Einstieg bei Eli Lilly?
Onkologie (Jaypirca/pirtobrutinib)
In einer Studie mit bisher unbehandelten CLL/SLL-Patienten reduzierte Jaypirca das Risiko für Krankheitsprogression oder Tod im Vergleich zu Chemoimmuntherapie um 80 %. Das stärkt Lillys Position im Onkologiegeschäft jenseits des stark beachteten Adipositas-Segments.
Diese Daten unterstreichen, dass das Wachstum nicht allein auf bestehenden Blockbustern beruht, sondern auf einer breiteren Welle neuer Produkte und Indikationen.
Produktionsausbau für weiteres Wachstum
Um die erwartete Nachfrage zu bedienen, investiert Lilly zugleich massiv in die Produktionskapazität. Am 9. Dezember kündigte das Unternehmen den Bau eines neuen Werks im US-Bundesstaat Alabama an. Das Projektvolumen liegt bei rund 6 Milliarden US-Dollar.
In Huntsville sollen künftig aktive pharmazeutische Wirkstoffe (APIs) hergestellt werden – mit Fokus auf kleine Moleküle und Peptidmedikamente, darunter auch Orforglipron. Die Pläne sehen etwa 3.450 neue Arbeitsplätze vor. Die Expansion zielt klar darauf ab, Lieferfähigkeit und Fertigungstiefe in den USA zu erhöhen, was angesichts des weltweiten Booms bei Adipositasmedikamenten strategisch wichtig ist.
Marktposition und Bewertung
An der Börse zählt Eli Lilly mit einer Marktkapitalisierung von über 900 Milliarden US-Dollar inzwischen zu den wertvollsten Pharmawerten weltweit. Treiber der Kursentwicklung im laufenden Jahr sind vor allem die erfolgreichen Adipositastherapien Zepbound und Mounjaro.
Die aktuelle Bewertung spiegelt hohe Erwartungen an weiteres Wachstum wider:
- Kurs-Gewinn-Verhältnis (TTM): rund 49
- Umsatz (TTM): 59,4 Milliarden US‑Dollar
- Bruttomarge: 83 %
- Dividendenrendite: etwa 0,6–0,7 %
Auf Basis der bereitgestellten Kursdaten liegt die Aktie knapp 5 % unter ihrem 52‑Wochen-Hoch, zugleich aber deutlich – rund 70 % – über dem 52‑Wochen-Tief. Der Relative-Stärke-Index von 28,5 signalisiert kurzfristig eher eine überverkaufte Situation, während der Anstieg seit Jahresbeginn von gut 20 % den anhaltenden Optimismus der Anleger widerspiegelt.
Nächste Katalysatoren im Blick
In den kommenden Wochen und Monaten stehen mehrere Termine an, die den Kursverlauf weiter prägen dürften:
J.P. Morgan Healthcare Conference (13. Januar 2026)
CEO David Ricks wird dort in einem „Fireside Chat“ auftreten. Der Markt dürfte genau hinhören, ob es neue Hinweise zur M&A-Strategie gibt – insbesondere im Hinblick auf Abivax und weitere Immunologie-Deals.Orforglipron-Zulassungsentscheidung
Durch den Einsatz eines Priority-Review-Vouchers könnte die FDA bereits im März 2026 über den Zulassungsantrag entscheiden. Ein früher und positiver Bescheid wäre ein wichtiger Meilenstein in Lillys Adipositas-Strategie.Retatrutid-Updates 2026
Für das kommende Jahr sind sieben zusätzliche Phase‑3‑Auswertungen zu Retatrutid angekündigt, die das Nutzen-Risiko-Profil des Kandidaten weiter schärfen werden.
Vor diesem Hintergrund fügen sich die Abivax-Gerüchte in ein klares Gesamtbild: Eli Lilly arbeitet parallel an der Ausweitung seiner dominanten Stellung im Adipositasmarkt, am Ausbau der Immunologie und an neuen Wachstumsfeldern wie Gentherapie und Onkologie. Eine mögliche Abivax-Transaktion wäre daher weniger ein Solitär, sondern ein weiterer Baustein in einer breit angelegten, auf Zukunftswachstum ausgerichteten Konzernstrategie.
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