Der US-Dollar kämpft mit seinem niedrigsten Stand seit zweieinhalb Monaten, während Investoren weltweit ihre Portfolios neu ausrichten. Die jüngsten Arbeitsmarktdaten aus den USA zeichnen ein widersprüchliches Bild: 64.000 neue Stellen im November übertreffen zwar die Erwartungen, doch gleichzeitig kletterte die Arbeitslosenquote auf 4,6% – ein Signal, das die Finanzmärkte in Unsicherheit versetzt. Der Dollar-Index, der die US-Währung gegen sechs wichtige Konkurrenten misst, notiert bei 98,193 und steuert auf den stärksten Jahresverlust seit 2017 zu: Minus 9,5% sprechen eine deutliche Sprache.
„Die kombinierten Daten malen das Bild eines anämischen Jobwachstums“, analysiert Tony Sycamore von IG. Während die Schwäche nicht ausreicht, um eine Zinssenkung im Januar ins Spiel zu bringen, hält der anhaltende Anstieg der Arbeitslosigkeit die Tür für eine geldpolitische Lockerung im März offen – vorausgesetzt, die kommenden Beschäftigungsberichte zeigen weitere Verschlechterungen.
Schwellenländer-Währungen erleben Renaissance
Doch was bedeutet das konkret für globale Anleger? Die Antwort findet sich in einem bemerkenswerten Trend: Schwellenländer-Währungen feiern ihr Comeback. Der ungarische Forint hat seit Trumps Amtsantritt im Januar um satte 20% gegenüber dem Dollar zugelegt – das beste Jahr seit fast einem Vierteljahrhundert. Das Handelsvolumen der lange als Nischenwährung betrachteten ungarischen Devise hat sich mehr als verdoppelt.
„Wir glauben, dass der Zyklus dessen, was wir als Bärenmarkt für Schwellenländer-Währungen bezeichnen würden und der nun 14 Jahre andauerte, sich wahrscheinlich gedreht hat“, erklärt Jonny Goulden, Leiter der EM Fixed Income Strategy Research bei JPMorgan. Der MSCI Emerging Market Currency Index erreichte im Juli ein Rekordhoch und steuert auf sein bestes Jahr seit 2017 zu – ein Plus von über 6%.
Besonders profitieren Länder mit hohen Zinssätzen und zugänglichen Märkten. Brasiliens Real und Mexikos Peso glänzen mit soliden Zentralbanken – in Brasilien liegen die Zinsen bei einem Zwei-Dekaden-Hoch von 15%. Die Top-25-Banken weltweit generierten allein in den ersten neun Monaten knapp 40 Milliarden Dollar Umsatz mit dem Handel von Schwellenländer-Währungen – mehr als das Doppelte der 19 Milliarden aus dem G10-Geschäft.
Britische Inflation öffnet Tür für Zinssenkung
Während sich Anleger von US-Assets abwenden, richtet sich der Fokus auf andere Zentralbanken. In Großbritannien fiel die jährliche Inflationsrate im November überraschend deutlich auf 3,2% – der niedrigste Wert seit acht Monaten. Zwar liegt die Teuerung noch deutlich über dem 2%-Ziel der Bank of England, doch der Trend stimmt die Währungshüter optimistisch.
Die Arbeitslosenquote erreichte gleichzeitig den höchsten Stand seit Anfang 2021, während das Lohnwachstum im Privatsektor auf den schwächsten Wert seit fünf Jahren zurückging. Diese Gemengelage verschafft der BoE Spielraum: Analysten erwarten bei der Sitzung am Donnerstag eine knappe Entscheidung – vermutlich 5:4 für eine Zinssenkung auf 3,75%, mit Gouverneur Andrew Bailey als Zünglein an der Waage. Das Pfund hielt sich bei 1,3424 Dollar stabil, nahe seinem Zweimonatshoch.
Asien zwischen Tech-Erholung und strukturellen Sorgen
An den asiatischen Märkten zeigt sich ein gespaltenes Bild. Technologiewerte erholten sich leicht vom Ausverkauf der Vorwoche – Südkoreas KOSPI legte 0,6% zu, Hongkongs Hang Seng 0,3%. Bargain-Hunter nutzen die niedrigen Bewertungen, nachdem Zweifel an der KI-Euphorie den Sektor unter Druck gesetzt hatten.
In China stieg der CSI 300 Index um 0,5%, während Anleger auf weitere fiskalische Stimuli aus Peking warten. Besonders dramatisch: Der Immobilienentwickler China Vanke beantragte eine Verlängerung der Zahlungsfrist für eine 2-Milliarden-Yuan-Anleihe von fünf auf 30 Handelstage – ein weiteres Warnsignal für den angeschlagenen Immobiliensektor.
Singapur überraschte positiv: Ökonomen hoben ihre Wachstumsprognose für 2025 auf 4,1% an, während für 2026 eine Abschwächung auf 2,3% erwartet wird. Geopolitische Spannungen und eine mögliche KI-Blase gelten als Hauptrisiken – letzteres wurde in der September-Umfrage noch nicht erwähnt.
Australiens Zentralbank bleibt hart
Einen bemerkenswerten Kurswechsel vollzog Westpac bei seiner Einschätzung zur Reserve Bank of Australia: Die Bank erwartet nun keine Zinssenkungen mehr für 2026. Grund ist das Wiederaufflammen der Inflation in der zweiten Jahreshälfte, wobei die Kerninflation wieder über das 2-3%-Zielband der RBA kletterte. Nach rund 75 Basispunkten an Zinssenkungen in 2025 dürfte die Zentralbank eine längere Pause einlegen – Lockerungen werden frühestens 2027 erwartet.
Fed-Gouverneur Waller im Fokus
Zurück in den USA richtet sich die Aufmerksamkeit auf Fed-Gouverneur Christopher Waller, der erstmals seit der jüngsten Zinssenkung spricht. Seine Äußerungen werden genau analysiert, zumal das Wall Street Journal berichtete, Trump erwäge ihn als möglichen Fed-Chef-Kandidaten. Waller, ursprünglich von Trump ernannt, gilt als Verfechter von Zinssenkungen – auch wenn er nicht die enge persönliche Beziehung zu Trump pflegt wie die Favoriten Kevin Warsh oder Kevin Hassett.
Die Märkte preisen für 2026 mittlerweile 58 Basispunkte an Zinssenkungen ein – deutlich mehr als die 25 Basispunkte, die die Fed selbst prognostiziert hat. Die am Donnerstag anstehenden US-Inflationsdaten dürften die Weichen für die nächsten Schritte stellen. Kein Wunder also, dass Anleger nervös auf die Zahlen warten.
