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Bank of England: Zinssenkung im Anmarsch

Die britische Notbank steht vor einer ersten Zinssenkung bei ihrer Dezember-Sitzung, doch die geldpolitischen Aussichten werden von schwachem Wachstum und Inflationsrisiken geprägt.

Die wichtigsten Punkte im Überblick

  • Erwartete erste Zinssenkung im Dezember um 25 Basispunkte
  • Wirtschaftsprognose für 2026 zeigt nur geringes Wachstum
  • Neues Budget soll Inflationsrate 2026 dämpfen
  • Geldpolitischer Ausschuss könnte knapp für Senkung stimmen

Die Bank of England steht vor einer entscheidenden Weichenstellung. Während die britische Wirtschaft mit schwachem Wachstum kämpft, sehen sich die Währungshüter mit der Frage konfrontiert, wie aggressiv sie die Geldpolitik lockern sollten. Die Märkte rechnen fest mit einer Zinssenkung um 25 Basispunkte auf 3,75 Prozent bei der kommenden Sitzung am 18. Dezember – doch der Blick richtet sich vor allem auf das, was danach kommen könnte.

Wirtschaftliche Schwäche trifft auf Inflationssorgen

Morgan Stanley zeichnet ein ernüchterndes Bild der britischen Konjunktur. Die Analysten erwarten für 2026 ein mageres Wachstum von nur 0,9 Prozent auf annualisierter Basis. Die Sparquote der Haushalte dürfte sinken, während das verfügbare Realeinkommen langsamer wächst. Private Investitionen werden voraussichtlich nachlassen, und auch der staatliche Beitrag zum Wachstum schrumpft um geschätzte 10 Basispunkte.

Besonders alarmierend: Die Arbeitslosenquote wird im ersten Halbjahr 2026 auf durchschnittlich 5,3 Prozent steigen. „Wir modellieren weder eine kurzfristige Verbesserung am Arbeitsmarkt noch eine weitere drastische Verschlechterung“, erklären die Morgan-Stanley-Analysten. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit könnte durch einen starken Rückgang der Einwanderungsströme begrenzt werden. Dennoch: „Wir sehen eine Phase erhöhter Unterauslastung.“

Das Budget als Wendepunkt

Eine überraschende Wendung brachte das im vergangenen Monat vorgestellte Budget von Finanzministerin Rachel Reeves. Die Analysten erwarten, dass die Maßnahmen die jährliche Inflationsrate ab dem zweiten Quartal 2026 um 0,4 bis 0,5 Prozentpunkte drücken werden. Für 2026 insgesamt wird eine Gesamtinflation von 2,3 Prozent prognostiziert – ein willkommenes Signal für die Bank of England, die seit Monaten mit Preisanstiegen über dem Zwei-Prozent-Ziel zu kämpfen hat.

Bank of America geht davon aus, dass die BoE in ihren Sitzungsprotokollen auf diesen Effekt hinweisen wird: Die Inflation könnte 2026 um 30 Basispunkte niedriger ausfallen als zuvor erwartet, während sie 2027 und 2028 leicht höher liegen dürfte, wenn temporäre Maßnahmen auslaufen. Das Budget enthält unter anderem Maßnahmen zur Senkung der Energiekosten ohne signifikante administrierte Preiserhöhungen – ein Schritt, der helfen soll, die Inflationserwartungen zu dämpfen.

Knapper Votum und vorsichtige Signale

Die erwartete Zinssenkung im Dezember dürfte mit einem denkbar knappen 5-4-Votum erfolgen. Bank-of-America-Analysten rechnen damit, dass Chefvolkswirt Huw Pill, Catherine Mann, Megan Greene und Marjorie Lombardelli für ein Festhalten an den aktuellen Zinsen stimmen werden. Diese Spaltung im geldpolitischen Ausschuss zeigt die Zerrissenheit zwischen der Notwendigkeit, die schwache Nachfrage zu stützen, und der Sorge vor noch immer erhöhten Inflations- und Lohnerwartungen.

Die Bank of England wird voraussichtlich ihre behutsame Sitzung-für-Sitzung-Guidance beibehalten. Dies könnte als Signal gegen eine sofortige Zinssenkung im Februar interpretiert werden. Dennoch dürften die Währungshüter betonen, dass der Zinspfad grundsätzlich nach unten zeigt und sie größeres Vertrauen in den Desinflationsprozess gewinnen.

Morgan Stanley erwartet Zinssenkungen im Dezember und Februar, eine Pause im März, gefolgt von weiteren Schritten im April und Juni, „während sich die Inflationsdaten weiterhin günstig entwickeln“. Bank of America sieht einen ähnlichen Pfad mit quartalsweisen Senkungen im Dezember, März und Juni, die die Zinsen auf 3,25 Prozent bringen würden – mit Risiken für einen alternativen Zeitplan von Dezember, April und Juli.

Märkte preisen Lockerung ein

An den Zinsmärkten wird die Dezember-Senkung mit nahezu 100-prozentiger Sicherheit eingepreist. Bank of America rechnet daher mit einer minimalen Marktreaktion auf die Entscheidung selbst. Sollte die BoE jedoch gegen eine Februar-Senkung signalisieren, könnte dies zu einer weiteren Abflachung der 2026-Zinskurve führen.

Für die Währungsmärkte sehen Analysten wenig Handelspotenzial, solange keine aktualisierten Prognosen nach dem Budget vorliegen. Mit einem britischen Zinsmärkten, der nahe an den Bank-of-America-Erwartungen für den Endzins liegt, erscheint eine signifikante Neukalibrierung der BoE-Erwartungen unwahrscheinlich.

Erholung in Sicht – aber erst später

Trotz der düsteren Aussichten für die erste Jahreshälfte 2026 sehen die Morgan-Stanley-Experten Licht am Ende des Tunnels. „Während die BoE die Restriktivität reduziert und das globale Wachstum anzieht, verbessert sich das britische Wachstum in der zweiten Hälfte von 2026 und 2027.“ Die Risiken bleiben allerdings „nach unten gewichtet“ – ein Hinweis darauf, dass weitere Enttäuschungen wahrscheinlicher sind als positive Überraschungen.

Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die Bank of England den richtigen Balance-Akt zwischen Wachstumsunterstützung und Inflationsbekämpfung findet. Für britische Verbraucher und Unternehmen steht viel auf dem Spiel.

Andreas Sommer

Mit über 40 Jahren Erfahrung im Bankwesen und Börsenjournalismus gehöre ich zu den etablierten Analysten im deutschsprachigen Raum. Nach mehr als zehn Jahren als Wertpapierberater bei der Deutschen Bank spezialisierte ich mich seit dem Börsencrash 1987 auf technische Analyse und charttechnische Methoden.

Als ehemaliger Chefredakteur mehrerer Börsenpublikationen entwickelte ich den "Aktienführer Neuer Markt" mit und führe heute einen Börsendienst, der sich auf wachstumsstarke Unternehmen fokussiert. Mein wöchentliches Markt-Barometer analysiert systematisch DAX, Dow Jones, Ölpreis, Währungen und Marktstimmung, um präzise Orientierung zu bieten.

Die Ergebnisse sprechen für sich: Leser meines Börsendienstes erzielten über zwei Jahrzehnte einen durchschnittlichen Depotzuwachs von +576%. Meine rechtzeitigen Warnungen vor dem Crash 2008 halfen vielen Anlegern, Verluste zu minimieren.

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