Die Reserve Bank of Australia (RBA) hat am Dienstag ihren Leitzins um 25 Basispunkte auf 3,60 Prozent gesenkt und damit den dritten Zinsschritt in diesem Jahr vollzogen. Die einstimmige Entscheidung folgt auf schwächere Inflationsdaten und einen sich abkühlenden Arbeitsmarkt, während die Notenbank bereits weitere Zinssenkungen signalisiert.
Diese Entwicklung zeigt sich vor dem Hintergrund einer umfassenden Revision der Wachstumsaussichten. Die RBA korrigierte ihre langfristige Produktivitätsprognose deutlich nach unten – von einem Prozent auf 0,7 Prozent. Diese Anpassung spiegelt eine jahrzehntelange Schwächephase in den meisten entwickelten Volkswirtschaften wider und hat direkte Auswirkungen auf Lebensstandard und Einkommen der 27 Millionen Australier.
Gedämpfte Wachstumserwartungen belasten Prognosen
Die Folgen dieser Produktivitätsschwäche zeigen sich in deutlich reduzierten Wachstumsprognosen. Für 2025 erwartet die RBA nun nur noch ein BIP-Wachstum von 1,7 Prozent – eine Absenkung von den zuvor prognostizierten 2,1 Prozent. Das wirtschaftliche Potenzialwachstum wurde auf lediglich zwei Prozent zurückgenommen, verglichen mit 2,25 Prozent zuvor und 2,5 Prozent vor einem Jahrzehnt.
"Die prognostizierte Erholung des BIP-Wachstums über 2025 verläuft nun allmählicher als im Mai erwartet", erläuterte die RBA in ihrem 67-seitigen Wirtschaftsupdate. Schwächere öffentliche Nachfrage zu Jahresbeginn werde voraussichtlich nicht durch andere Faktoren ausgeglichen.
Einen Lichtblick bietet jedoch der Wohnungsbau. Steigende Immobilienpreise, niedrigere Kreditkosten und gelockerte Regulierung könnten mehr Bautätigkeit anstoßen – ein wichtiger Hoffnungsträger für die australische Wirtschaft.
Inflation bleibt im Zielbereich trotz globaler Unsicherheiten
Bei den Inflationsaussichten zeigt sich die RBA optimistischer. Die Kerninflation soll bis zum Dezemberquartal auf 2,6 Prozent fallen und dort bis Ende 2027 verharren. Dies entspricht dem Mittelpunkt der angestrebten Bandbreite von zwei bis drei Prozent und eröffnet Spielraum für weitere geldpolitische Lockerungen.
Die Gesamtinflation, die im Juni-Quartal bei 2,1 Prozent lag, soll Mitte nächsten Jahres einen Höchststand von 3,1 Prozent erreichen, bevor sie bis Ende 2027 auf 2,5 Prozent zurückgeht. Der Arbeitsmarkt bleibt robust: Die Arbeitslosenquote, die im Juni mit 4,3 Prozent einen Vier-Jahres-Höchststand erreichte, soll bis Ende 2027 auf diesem Niveau bleverben.
Märkte reagieren verhalten auf Zinsentscheidung
Die Finanzmärkte hatten die Zinssenkung bereits vollständig eingepreist, nachdem die RBA im Juli überraschend pausiert hatte. Der australische Dollar gab nach der Entscheidung um 0,1 Prozent nach, während der ASX 200 um 0,2 Prozent zulegte und kurzzeitig ein Rekordhoch markierte.
Die RBA-Prognosen basieren auf Markterwartungen, die weitere Zinssenkungen um insgesamt 80 Basispunkte über das nächste Jahr vorsehen. Dies würde den Leitzins auf einen Bereich zwischen 2,85 und 3,1 Prozent senken – etwas niedriger als die im Mai angenommene Endrate von 3,2 Prozent.
Globaler Kontext prägt Entscheidungsfindung
Die RBA-Entscheidung erfolgt in einem komplexen globalen Umfeld. Während sich die Märkte über eine 90-tägige Verlängerung des Handelswaffenstillstands zwischen den USA und China freuen, bereitet sich die Federal Reserve auf möglicherweise weitere Zinssenkungen vor. US-Inflationsdaten, die später am Dienstag veröffentlicht werden, könnten entscheidenden Einfluss auf die globale Geldpolitik haben.
Die australische Geldpolitik navigiert somit zwischen nationalen Herausforderungen wie schwächelnder Produktivität und globalen Unsicherheiten. Mit ihrer vorsichtigen, aber entschlossenen Lockerungspolitik versucht die RBA, Wachstum zu unterstützen, ohne die Preisstabilität zu gefährden – ein Balanceakt, der die kommenden Monate prägen wird.