Während die internationalen Finanzmärkte von Erwartungen weiterer US-Zinssenkungen angetrieben werden, präsentieren sich die asiatischen Volkswirtschaften überraschend robust. Vietnam führt mit einem spektakulären Wachstum von 7,5% im ersten Halbjahr 2025 die Spitze an, während auch andere Schwellenländer der Region beeindruckende Zahlen vorlegen können.
Die Dynamik zeigt sich besonders deutlich an den Börsen: Der Vietnam Index erreichte Ende Juli ein Allzeithoch, während das tägliche Handelsvolumen regelmäßig die 1,5-Milliarden-Dollar-Marke überschreitet. Parallel dazu stiegen die südkoreanischen Aktien um ein Prozent, nachdem das Land eine Einigung mit den USA über reduzierte Zollsätze erzielen konnte.
Dienstleistungssektor als Wachstumsmotor
Der Dienstleistungssektor erweist sich als wichtiger Stabilitätsanker für die Region. Indiens Services-PMI kletterte im Juli auf 60,5 Punkte und erreichte damit den höchsten Stand seit elf Monaten. Besonders bemerkenswert: Der Export-Subindex zeigte die zweitstärkste Expansion des Jahres, was auf eine anhaltend starke internationale Nachfrage hindeutet.
Auch Japan profitierte von dieser Entwicklung. Der Services-PMI stieg auf 53,6 Punkte im Juli, den höchsten Wert seit Februar. Selbst China, dessen Dienstleistungssektor das schnellste Wachstum seit über einem Jahr verzeichnete, unterstützt den regionalen Trend.
Allerdings zeigen sich auch erste Schwachstellen: In den Vereinigten Arabischen Emiraten verlangsamte sich das Wachstum auf den niedrigsten Stand seit vier Jahren, während geopolitische Spannungen die Nachfrage dämpften.
Handelspolitik prägt neue Realitäten
Die neue US-Handelspolitik unter Präsident Trump zwingt die asiatischen Länder zu strategischen Neuausrichtungen. Südkorea konnte zwar eine Einigung erzielen, die Zollsätze auf 15% statt der angedrohten 25% begrenzt, doch bleiben wichtige Streitpunkte ungelöst. Das Land bereitet bereits Maßnahmen vor, um Unternehmen beim Umgang mit höheren Zöllen zu unterstützen und neue Märkte zu erschließen.
Indonesien hingegen profitierte von der Unsicherheit: Exporteure orderten vorzeitig, um den drohenden US-Zöllen zuvorzukommen. Diese Strategie zahlte sich aus – das BIP wuchs im zweiten Quartal um 5,12% und übertraf damit deutlich die Erwartungen von 4,8%.
Strukturreformen zeigen Wirkung
Vietnam demonstriert eindrucksvoll, wie strukturelle Reformen Wachstum ankurbeln können. Die Reduzierung der Ministerien von 19 auf 14 und die Zusammenlegung der Provinzen von 63 auf 34 haben Genehmigungsverfahren beschleunigt und Investitionen gefördert. Ausländische Direktinvestitionen erreichten mit 21,5 Milliarden Dollar den höchsten Stand seit 2009.
Die öffentlichen Investitionen stiegen von 26 Milliarden Dollar in 2024 auf etwa 36 Milliarden Dollar in diesem Jahr. Großprojekte wie die Nord-Süd-Hochgeschwindigkeitsbahn kommen schneller voran als historisch üblich.
Das Bild ist jedoch nicht überall gleich optimistisch. Saudi-Arabiens Nicht-Öl-Privatsektor wuchs zwar robust, verlangsamte sich aber gegenüber dem Vormonat. Ägyptens PMI verblieb knapp unter der Wachstumsschwelle von 50 Punkten, zeigte aber Stabilisierungstendenzen.
Die aktuellen Entwicklungen verdeutlichen die zunehmende Widerstandsfähigkeit der asiatischen Märkte gegenüber globalen Unsicherheiten. Während die USA mit schwächeren Arbeitsmarktdaten kämpfen und die Fed zu weiteren Zinssenkungen drängen, behaupten sich die asiatischen Volkswirtschaften durch strukturelle Reformen, starke Binnennachfrage und strategische Anpassungen an die neuen handelspolitischen Realitäten.